Im Pazifik steht derzeit vieles auf dem Kopf.Bild: imago stock&people / robertharding
Klima & Umwelt
Laut einer BBC-Analyse hat der Nordpazifik den heißesten Sommer seit Beginn der Aufzeichnungen erlebt – mit Meerestemperaturen auf Rekordniveau. Forscher stehen vor einem Rätsel: Warum bleibt das Meer so lange so warm? Und könnte dies sogar zu einem kälteren Winter in Europa führen?
20. Okt. 2025, 07:5320. Okt. 2025, 07:53
Während wir hier von steigenden Strompreisen und nassen Herbsttagen reden, brodelt es auf der anderen Seite der Welt geradezu: Der Nordpazifik hat den wärmsten Sommer seit Beginn der Aufzeichnungen erlebt. Zwischen Juli und September waren die Meeresoberflächentemperaturen über 0,25 Grad höher als im bisherigen Rekordjahr 2022. Und das auf einer Fläche, die etwa zehnmal so groß ist wie das Mittelmeer.
Seit Jahren nennen Forscher das Gebiet „Warm Blob“ – ein passender Name für ein Meer, unter dem man den Eindruck hat, als hätte jemand den Herd angelassen.
Klar, der Klimawandel führt generell dazu, dass sich die Ozeane erwärmen. Doch die Intensität dieser Hitzewelle überrascht selbst erfahrene Klimaforscher. Nach Angaben des US-Forschungsteams Berkeley Earth liegt die Wahrscheinlichkeit, dass die derzeit gemessenen Temperaturen „zufällig“ auftreten, bei weniger als einem Prozent.
„Etwas Ungewöhnliches passiert“, sagte der Klimaforscher Zeke Hausfather der BBC. Die Daten zeigen: 2025 wird deutlich über den Werten der letzten Jahrzehnte liegen – und über dem, was viele Klimamodelle vorhergesagt haben. Der Planet scheint also schneller zu kochen, als wir dachten.
Sauberere Luft ist der Grund für die Warmwasserbereitung
Eine Theorie, die unter Forschern derzeit heftig diskutiert wird: Schifffahrt und Luftreinhaltung könnten unbeabsichtigt zur Erwärmung der Ozeane beitragen.
Bis 2020 durften Schiffe noch schwefelhaltigen Treibstoff verwenden, der bei der Verbrennung Schwefeldioxid freisetzte. Obwohl dieser für den Menschen giftig ist, entstehen dadurch winzige Partikel in der Luft, die das Sonnenlicht reflektieren – und so die Erde leicht abkühlen.
Seitdem neue Vorschriften diese Emissionen drastisch reduziert haben, fehlt diese „Kühlkappe“. Und das zeigt sich offenbar besonders deutlich im Nordpazifik – einer Art Hotspot des globalen Seehandels.
Auch eine bessere Luftqualität in China könnte eine Rolle spielen: Weniger Smog bedeutet mehr Sonnenlicht – und damit noch wärmeres Wasser.
Vom heißen Meer in den kalten Winter?
Was hat das mit Europa zu tun? Ziemlich viel. Die extreme Hitze im Nordpazifik wirkt sich bereits auf das Wetter in Japan, Korea und den USA aus. Es verstärkt Stürme und Gewitter, indem es der Atmosphäre zusätzliche Energie zuführt.
Aber auch für uns könnte die Hitzeblase Folgen haben. Denn häufig stehen globale Wetterphänomene in Zusammenhang – sogenannte „Teleconnections“.
Die Klimawissenschaftlerin Amanda Maycock von der University of Leeds erklärt:
„Die Wärme im Nordpazifik kann wellenförmige Luftströmungen auslösen, die bis in den Nordatlantik und nach Europa reichen. Dies könnte dazu führen, dass sich über dem Kontinent Hochdruckgebiete bilden – und uns kalte Luft aus der Arktis bringen.“
Kurz gesagt: Ein heißer Pazifik könnte Europa einen eiskalten Winter bescheren.
Das Wetterphänomen La Niña bringt den Winter durcheinander
Im tropischen Pazifik zeichnet sich derzeit eine La Niña-Phase ab – das Gegenstück zum bekannteren El Niño. Es sorgt für kühlere Wassertemperaturen in den Tropen und beeinflusst auch das globale Wetter.
Die Kombination aus rekordwarmem Nordpazifik und La Niña im Süden macht die Winterprognose für Europa äußerst spannend: Kalter Start, milderes Ende – alles ist möglich.
Das Meer wird wärmer, das Klima wird komplizierter und die Wissenschaft kommt kaum hinterher. Klar ist nur: Wenn auch das Meer Fieber hat, kann es niemanden gleichgültig lassen – egal ob in Tokio, Kalifornien oder Hamburg.