Der große Kalaschnikow-Plan von Heckler & Koch
Ukrainische Soldaten kämpfen derzeit mit allen Mitteln. Egal, ob es sich um moderne Westerngewehre oder alte Schäfte aus der Zeit des Warschauer Paktes handelt. Vor diesem Hintergrund plant der deutsche Rüstungskonzern Heckler & Koch nun, sein Waffensortiment zu erweitern.
WEr glaubt, dass Umsätze und Gewinne derzeit automatisch steigen und die Auftragsbücher für Unternehmen der Verteidigungsindustrie anschwellen, ist aber von Heckler & Koch (H&K) enttäuscht. Deutschlands traditionsreicher Waffenhersteller und hauseigener Zulieferer der Bundeswehr legte zuletzt Zahlen vor, die teilweise unter dem Vorjahresniveau lagen.
Doch es entstehen neue Geschäfte – auch aufgrund des Krieges in der Ukraine. H&K plant, seine Produktpalette um Sturmgewehre und Maschinengewehre für Kalaschnikow-Munition und andere Kaliber aus dem ehemaligen Warschauer Pakt zu erweitern. Dies bestätigte ein H&K-Sprecher auf Anfrage grundsätzlich.
Die ukrainischen Soldaten stehen derzeit vor einem gemischten Waffendilemma. „Es kommt praktisch alles zum Einsatz, womit man kämpfen kann – vom alten Warschauer-Pakt-Material bis zu den modernsten Sturm- und Präzisionsgewehren aus dem Westen“, erklärte H&K-Waffenexperte Marc Roth gegenüber der Fachzeitschrift „European Security & Technology“.
H&K gab kürzlich bekannt, dass dank Lieferungen aus der Bundesrepublik Deutschland und anderen NATO-Staaten inzwischen fast die gesamte Produktpalette des deutschen Traditionsunternehmens in der Ukraine zum Einsatz kommt. H&K hat beispielsweise in Abstimmung mit der Bundesregierung Pistolen (SFP9) und Maschinengewehre (MG5) geliefert.
Um sein Geschäft neben dem grundsätzlich vereinbarten Megaauftrag für das neue Sturmgewehr G95 der Bundeswehr auszubauen, will H&K mittel- und langfristig auch sein Gewehrsortiment um östliche Kaliber erweitern. Das H&K-Sturmgewehr Modell HK132E wurde bereits im Kalaschnikow-Kaliber 7,62 Millimeter mal 39 Millimeter entwickelt.
Ein H&K-Sprecher verwies auf Einsatzerfahrungen ukrainischer Spezialeinheiten. Sie haben es ihnen gezeigt Bedeutung von Kalibern aus dem ehemaligen Warschauer Pakt. „Da entsprechende Bedarfe vorhanden sind, haben konzeptionelle Studien bereits begonnen“, sagte der Sprecher. Es gibt Entwicklungsprojekte, aber noch keine Produktion. Allerdings hätten Waffen in Nato-Kalibern grundsätzliche Priorität in der Entwicklung, betont H&K.
Rückgang im Geschäft mit privaten US-Waffenkäufern
H&K wäre nicht der erste Waffenhersteller, der hinsichtlich des Kalibers sowohl den Westen als auch den Osten bedient. So produziert beispielsweise auch der große börsennotierte tschechische Hersteller CZ (Česká Zbrojovka as) für beide Kaliberwelten.
Für H&K-Chef Jens Bodo Koch ist das Ergebnis 2023 lediglich eine Atempause für „den Beginn der nächsten Wachstumsphase“. Er erklärt, dass die Nachfrage im In- und Ausland ungebrochen sei. Doch der Auftragseingang ging im vergangenen Jahr um rund elf Prozent auf 285 Millionen Euro zurück. Der Umsatz lag mit 301 Millionen Euro knapp unter dem Vorjahr und das Betriebsergebnis sank um rund 25 Prozent auf 62 Millionen Euro. Höhere Steuern führten zu einem Rückgang des Konzernergebnisses auf 28,7 Millionen Euro (Vorjahr: 50,6 Millionen Euro).
Ein Blick auf die Zahlen zeigt einen deutlichen Rückgang des bislang lukrativen Geschäfts mit privaten US-Waffenkäufern. Unterm Strich ist das US-Zivilgeschäft sogar in die Verlustzone gerutscht. Den Großteil seines Umsatzes erwirtschaftet H&K nach wie vor in den USA, allerdings sank der Anteil von 43 auf 37 Prozent, während der deutsche Anteil leicht von 21 auf 23 Prozent stieg.
Nach dem Rückgang im Jahr 2023 erwartet H&K in diesem Jahr wieder deutlich mehr Bestellungen und damit einen höheren Auftragsbestand. Zu Beginn des Jahres hatte H&K bereits Bestellungen für Pistolen und andere G36-Sturmgewehre aus Spanien, Lettland und Litauen gemeldet.
Auch im Jahr 2024 soll der Umsatz wieder im niedrigen zweistelligen Millionenbereich steigen. Allerdings wird das Betriebsergebnis der Prognose zufolge erneut etwas niedriger ausfallen.
Nach der Erweiterung der Produktionskapazitäten möchte H&K das G36-Nachfolgemodell mit den Bundeswehrbezeichnungen G95A1 und G95KA1 auf Basis des HK416-Modells früher als geplant ausliefern – doch die Bundeswehrinspektoren lassen sich Zeit. „Wir warten nur auf das Startsignal der Bundesregierung“, erklärt H&K-Chef Koch.
Die Eigentumsverhältnisse von H&K sind bislang nicht geklärt
Das Beschaffungsamt der Bundeswehr unterzeichnete den Vertrag Anfang 2023, forderte jedoch zunächst 390 Gewehre für intensive Untersuchungen und Tests, auch in verschiedenen Klimazonen. Damals hieß es, die Bundeswehr werde die neue Standardwaffe ab 2026 erhalten. Die Bundeswehr will bis zu 118.718 Sturmgewehre samt Zubehör anschaffen. Der Rahmenvertrag soll ein Volumen von rund 270 Millionen Euro haben.
Aus dem nun online veröffentlichten Bericht der H&K-Gruppe für das Jahr 2023 geht hervor, dass die Eigentumsfrage des Waffenherstellers aus Oberndorf im jahrelangen Rechtsstreit noch immer nicht geklärt ist. Im Wesentlichen streitet der Ex-H&K-Chef und Großaktionär Andreas Heeschen mit dem Franzosen Nicolas Walewski mit seiner luxemburgischen Finanzholding CDE und einem Großaktionär mit Sitz auf der Karibikinsel Barbados.
CDE hat im Jahr 2020 eine Mehrheitsbeteiligung an H&K veröffentlicht. Die aktuelle nüchterne Aussage lautet: „Zwischen der CDE und Herrn Andreas Heeschen, Köln, besteht Streit darüber, wem die 15.000.787 Aktien der H&K AG gehören und ob die CDE eine Mehrheitsbeteiligung daran hält.“ H&K AG.“
In einem noch nicht rechtskräftigen Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt/Main vom Dezember 2023 wurde Heeschen dazu verurteilt, über 90 Prozent seiner Anteile an CDE zu übertragen. Doch Heeschen hat sich nun an den Bundesgerichtshof gewandt.