Ein Mann mit deutschen Wurzeln trieb den Bayern den Stachel der Niederlage tief ins Fleisch: Joselu rettete Real Madrid mit zwei Toren die Teilnahme am Champions-League-Finale.
Es war die Nacht von Jose Luis Sanmartín Mato. Die beiden späten Tore von Joselu, wie er kurz genannt wird, führten Real Madrid ins Finale der Champions League. Und den FC Bayern ins tiefe Tal der Tränen. „Real stirbt nie“, titelte die italienische „Gazzetta dello Sport“ spät in der Nacht. Und Spaniens „Marca“ jubelte: „Real Madrid lässt keine Rivalen zu. Als es darauf ankam, fielen die stolzen Bayern wie alle anderen auf die Knie!“
Ausgerechnet Joselu war der entscheidende Mann für Real. Der Mann, der für dieses große Spiel eigentlich nicht vorgesehen war. Der gebürtige Stuttgarter betrat im Spiel gegen den FC Bayern München erst in der 81. Minute das Spielfeld und drehte mit seinen Toren die Wende.
Neuer Fehler wurde kalt ausgenutzt
Dank Joselu, der einst auch für die TSG Hoffenheim, Eintracht Frankfurt und Hannover 96 auf Torejagd ging, siegten die „Königlichen“ mit 2:1 (0:0) und sicherten sich im Juni ihr Ticket für das Finale gegen Borussia Dortmund im legendären Wembley-Stadion 1.
„Beim ersten Tor ging es darum, klug zu sein“, sagte Joselu, der nach einem Fehler von Manuel Neuer in der 88. Minute durch Alphonso Davies (68.) die Bayern-Führung egalisierte: „Sie waren müde, in einem tiefen Block konnte man das sehen.“
„Ich habe gebetet“
Der zweite Treffer des 34-Jährigen (90.+1) nach Vorlage von Nationalspieler Antonio Rüdiger wurde zunächst wegen Abseits zurückgepfiffen, letztlich aber laut Videobildern anerkannt. „Ich habe gebetet, dass es nicht widerrufen würde“, sagte Joselu. Und war von seinen Mitspielern begeistert: „Diese Mannschaft gibt nie auf, es liegt ihnen im Blut, bis zum Schluss zu kämpfen“, sagte Reals Held des Abends.
Dass ausgerechnet Joselu als reifer Fußballer eines Tages zum Helden von Real Madrid werden würde, hätte kaum jemand vorhersehen können.
In den englischen Provinzen fast verloren
Es war 2016, als es den Angreifer, der zuvor im deutschen Fußball mehr oder weniger gescheitert war, zu Stoke City in England verschlägt. Und seine Karriere schien fast vorbei. Denn Joselu schaffte es nicht einmal in den Spieltagskader des Premier-League-Teams in der Meisterschaft. Stattdessen wurde er nach quälenden Minuten auf der Ersatzbank in einem Provinzpokalspiel im Stokes in Stevenage, 40 Kilometer nördlich von London, spät eingewechselt.
Mit dem Profifußball aufhören oder es woanders versuchen? Joselu entschied sich für die zweite Alternative – und es funktionierte. Der Spanier kehrte in die Heimat seiner Eltern zurück und stimmte einer Leihe zu Deportivo La Coruna zu, wo er wieder in Schwung kam. Es folgte ein Wechsel zu Newcastle United und schließlich zurück nach Spanien, zu Deportiva Alaves. Und da blühte er richtig auf. Er schoss in drei Spielzeiten fast 40 Tore und stellte seinen Ruf als guter Mann unter Beweis, der vor allem eines hat: ein Gespür für Tore.
Edgar Endres, Sportschau, 08.05.2024 23:46 Uhr
Als Notnagel für den Helden von Real Madrid
Und so endet Joselus Geschichte tatsächlich bei Real Madrid. Im Jahr 2023, nach dem Abgang von Stürmerstar Benzema, suchten sie verzweifelt nach einem Nachfolger. Es war niemand auf dem Markt – und so holten die Royals zumindest den Mann mit dem Gespür für Tore – quasi als Backup.
Das alles hat sich nun ausgezahlt – für den Spieler und den Verein. Nach seiner Heldentat am Mittwochabend stürzte Joselu auf dem Spielfeld im Estadio Santiago Bernabeu und konnte seine Freudentränen nicht mehr zurückhalten. „So etwas habe ich mir nicht einmal in meinen besten Träumen vorgestellt“, sagte der ehemalige Bundesliga-Profi nach seinem späten Doppelpack im Halbfinale der Champions League für Real Madrid: „Ich weiß nicht, ob ich ein Held bin, aber ich bin sehr glücklich. Es war unglaublich, etwas Spektakuläres.