Wer in Bremen oder anderswo in der Liga gehofft hatte, dass die Bayern nach ihrem Bowling-Abend unter der Woche irgendwelche Ermüdungserscheinungen zeigen würden, der wurde weit gefehlt. Zwar schieden am Samstag im Bremer Weserstadion nicht alle neun aus, aber immerhin fünf.
Weil Werder kein Gegentor kassierte, war zu diesem einseitigen Fußball-Nachmittag eigentlich schon alles gesagt: Nach dem 9:2 in der Champions League gegen Dinamo Zagreb und dem 6:1 bei Holstein Kiel in der Bundesliga stand für die Bayern das nächste Spitzenspiel an, in dem der Gegner überfordert wirkte wie ein Flipper-Neuling im Mehrball-Modus. Es war ein Warm-up, wie es sich die Münchner für das Topspiel am kommenden Samstag (18.30 Uhr im F.A.Z.-Liveticker zur Bundesliga und bei Sky) gegen Meister Bayer Leverkusen wünschen.
Der Mann mit zwei Toren und zwei Vorlagen am Samstag hieß Michael Olise. Der 22-jährige Franzose traf in seinem dritten Spiel in Folge, diesmal zum 1:0 (23. Minute), er bereitete das 2:0 von Jamal Musiala vor (32. Minute) und zeigte zudem, was nicht nur Bayern-Sportdirektor Eberl für die investierten 55 Millionen Euro von ihm erwartet: ein „Unterschiedsmacher“ zu sein.
Für Neuer steht Ulreich im Tor
Nach dem Seitenwechsel sorgten erneut Harry Kane (57.) nach Vorarbeit von Olise, noch einmal Letzter (60.) und schließlich Serge Gnabry (65.) endgültig dafür, dass zuvor niemand daran gezweifelt hatte: dass es aus Bremer Sicht in jeder Hinsicht ein Murmeltier-Nachmittag war.
Am Ende stand wie schon in den letzten 14 Liga-Heimspielen gegen die Bayern eine Niederlage, eine besonders hohe noch dazu, und man konnte nicht behaupten, dass Bremen jemals den Eindruck erweckte, aus dieser Endlosschleife aufzuwachen. „Es fühlte sich ein bisschen hilflos an“, sagte Werder-Spieler Mitchell Weiser bei Sky. „Es war brutal, mit welcher Effizienz und Agilität sie das Tor gesucht haben. Das war eine Nummer zu groß für uns.“
Dabei hatte der Nachmittag aus Münchner Sicht eigentlich mit einer unschönen Überraschung begonnen. Denn nicht der Mann mit der Nummer eins im Tor, Neuer, der sich im Zagreb-Spiel verletzt hatte, obwohl sein Name eine Stunde zuvor noch auf dem Mannschaftsbogen gestanden hatte, stand beim Anpfiff, sondern Ulreich. Ulreich konnte diesen herrlichen Spätsommernachmittag im Weserstadion allerdings damit verbringen, den Lauf der Sonne und die Schattenlinien zu studieren. Die Bremer Angreifer bekam er nur selten aus der Nähe zu sehen.
Bayern-Trainer Kompany hatte sein Team zudem auf zwei Positionen verändert, Laimer und Coman nahmen die Startplätze von Guerreiro und Gnabry ein: Rotation, so Kompanys Credo, sorgt für gesunde Reibung. Und gemeinsam erarbeiteten sich die beiden die erste Münchner Chance. Coman, von links kommend, sah den wie so oft nach rechts aufrückenden Laimer, und sein Schuss klatschte an die Latte.
Bremen fehlt der Abwehrchef
Es war der Auftakt zu einem Münchner Auftritt, der nicht nur einen Macht-, sondern auch einen Monopolanspruch dokumentierte. Bei dem die Bayern ihre Qualitätsvorteile, nicht ihre Schnelligkeit, nach Belieben ausspielten. Und das mit einer stoischen Ruhe, die sich für Werder zunächst wie eine sanfte Folter angefühlt haben muss, bevor der echte Schmerz einsetzte.
Bremens Trainer Werner hatte eine mutige Leistung versprochen, doch bevor seine Spieler diese auch zeigen konnten, fehlte ihnen etwas anderes: der Ball. Und wenn sie ihn dann hatten – siehe da: Qualitätsunterschied. Das hatte wohl auch damit zu tun, dass Werder in der Vorwoche einen wertvollen Auswärtssieg eingefahren hatte, dafür aber teuer bezahlen musste.
Im Vergleich zum 2:1-Sieg in Mainz fehlten Friedl, der gesperrte Kapitän und Abwehrleader, sowie Njinmah, ein Tempomacher und Chancenschöpfer. Pieper und Grüll sollten die Ausfälle kompensieren, doch das gesamte grüne Team zerbröckelte schon früh im konstant hohen Pressing der Münchner. Ein Ballverlust Weisers führte zum 0:1, für das Kane letztlich Olise bediente.
Er bereitete dann das 2:0 vor, Musiala hatte aus kurzer Distanz ebenso wenig Mühe, den Ball zu versenken wie sein neuer Kollege. Für Werder ging alles viel zu schnell. Als Ducksch nach einer guten halben Stunde erstmals Ball und Platz in Strafraumnähe hatte, fehlte seiner Hereingabe ein erkennbares Ziel.
Olise kann den Unterschied machen
Die zweite Halbzeit begann mit einem Paukenschlag in Grün-Weiß, wenn auch nur in Form von Rauch über der Ostkurve. Mit den Einwechslungen von Topp und Köhn für Ducksch und Grüll kam zwar etwas Schwung ins Werder-Spiel, nach zwei vielversprechenden Angriffen ging aber auch genauso schnell die Luft raus.
Nach einer knappen Stunde übernahmen Guerreiro und Gnabry wieder die Plätze von Laimer und Coman und sahen schon nach wenigen Sekunden aus nächster Nähe, was an diesem Nachmittag allen klar geworden war: dass Olise ein Mann ist, der den Unterschied machen kann. Auch wenn dieser gegen diesen Gegner schon groß genug gewesen wäre.