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Der Anstieg übersteigt die Gesamtinflation: Lebensmittelkosten übersteigen andere Preise

Der Anstieg übersteigt die Gesamtinflation: Lebensmittelkosten übersteigen andere Preise

Die Inflationsrate ist wieder unter Kontrolle. Aber nicht die Preise für Lebensmittel. Viele Menschen im Supermarkt fühlen sich ärmer als vor der Pandemie – zu Recht.

Das Gespenst der Inflation scheint seit etwa anderthalb Jahren gebannt zu sein. Als Folge des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine waren die Preise in Deutschland explodiert; Die Inflationsrate lag monatelang bei fast 9 Prozent. Mittlerweile hat sich der Wert bei gut 2 Prozent eingependelt. Dennoch sind Preissteigerungen laut einer aktuellen Umfrage nach wie vor die größte Sorge der Deutschen. Ein Grund könnten die hartnäckig hohen Lebensmittelkosten sein. Und ein Ende ist nicht in Sicht.

Seit Februar liegt die Inflationsrate für Nahrungsmittel wieder über der Gesamtinflation. Das Preisniveau ist in den letzten Jahren bereits drastisch gestiegen. Lebensmittel sind heute 37 Prozent teurer als Ende 2019, also vor Beginn der Corona-Pandemie – insgesamt stiegen die Preise in diesem Zeitraum um gut ein Fünftel. Ab April 2022, kurz nach Kriegsausbruch in der Ukraine, entkoppelten sich die Lebensmittelpreise massiv von der allgemeinen Inflation und erreichten im März 2023 einen Höchststand von mehr als 22 Prozent.

Die aktuelle Lebensmittelinflation liegt weit unter, höchstens 3 Prozent seit Jahresbeginn – aber wiederum über den gesamten Preissteigerungen und vor allem basierend auf ohnehin schon hohen Preisen. Treiber waren in den letzten Monaten vor allem zu Jahresbeginn Öle und Speisefette, Obst und bis zum Sommer Gemüse sowie Süßwaren, insbesondere Schokolade.

Die hohen Lebensmittelpreise verhindern auch, dass die allgemeine Inflation stärker sinkt – und zwar im gesamten Euroraum. Ökonomen der Europäischen Zentralbank (EZB) schreiben, dass die Lebensmittelpreise seit der Einführung des Euro tendenziell etwas stärker gestiegen seien als andere Preise. „Allerdings ist die Lücke, die sich seit 2022 gebildet hat, eindeutig außergewöhnlich und hartnäckig.“ Im Supermarkt fühlten sich nicht wenige „ärmer als vor dem Inflationsschub nach der Pandemie“.

Lebensmittel bleiben teuer

Dieses Gefühl wird wahrscheinlich bleiben. „Es ist davon auszugehen, dass die Preise für entsprechende Produkte wie Kaffee und Schokolade dauerhaft hoch bleiben“, sagt Stephan Rüschen, Professor für Lebensmitteleinzelhandel an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg, ntv.de. Rüschen sieht derzeit keine Anzeichen für eine neu entstehende „Gierinflation“, also übermäßige Preissteigerungen. Derzeit gibt es kaum Streit zwischen Herstellern und Händlern.

Ein Grund für die anhaltend hohen Lebensmittelpreise sind die gestiegenen Kosten für Lebensmittelrohstoffe. „Mit Blick auf die Zukunft werden die Auswirkungen struktureller Trends wie des Klimawandels höchstwahrscheinlich zunehmen“, schreibt die EZB. Dürren und Überschwemmungen können Lieferketten erheblich stören. Beispielsweise haben Missernten den Kakaopreis in den letzten Jahren in die Höhe getrieben. Hersteller weisen auch auf den Klimawandel hin.

Schokolade und Butter kosten ein Fünftel mehr

Die hohen Kakaokosten spiegeln sich in stark gestiegenen Schokoladenpreisen wider. Letztere lagen monatelang rund ein Fünftel über dem Vorjahr. „Wir sehen dem Schokoladenmarkt eine Inflationswelle bevorstehen, die es in der jüngeren Geschichte selten gegeben hat“, warnte die US-Investmentbank JP Morgan im Frühjahr. Bereits im Vorjahr waren die Preise deutlich gestiegen.

Ernteausfälle sind auch der Grund für die gestiegenen Obstpreise, die seit Monaten um mehr als 7 Prozent über dem Vorjahr liegen. Die Explosion der Olivenölpreise in den letzten zwei Jahren war auch das Ergebnis dürrebedingter schlechter Ernten.

Seit Anfang dieses Jahres hat sich der Preis für Olivenöl wieder stabilisiert; Im Frühjahr kosteten Speisefette und -öle rund ein Zehntel mehr als ein Jahr zuvor. Im Mai sank der Wert auf unter 5 Prozent, dennoch mussten Verbraucher für Butter immer noch fast 18 Prozent mehr bezahlen als im Vorjahresmonat. Im Februar kostete Butter fast 28 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Die Gründe sind vielfältig: weniger Milchviehbetriebe und damit weniger Milch, aber auch ein geringerer Fettgehalt, wobei die Blauzungenkrankheit bei Kühen eine Rolle spielt. Aufgrund der höheren Nachfrage nach Käse stand für Butter weniger Fett zur Verfügung.

Neben Butter, Obst und Schokolade kosten in der Eurozone auch Lebensmittel, die derzeit nicht zu den größten Preistreibern zählen, deutlich mehr als vor der Pandemie: Fleisch 30 Prozent, Milch 40 Prozent. In anderen Ländern sind die Lebensmittelkosten noch stärker gestiegen als hier. An der Spitze liegt Estland – mit „satten“ 57 Prozent.

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