Vom in Ungnade gefallenen Idioten zum Helden
Ein unglaublicher Fehlschuss, der ein ganzes Stadion schockierte
			              
5. Dezember 2024, 6:35 Uhr
Nachdem der 1. FC Köln erstmals seit 2010 wieder das Viertelfinale des DFB-Pokals erreichte, lobte Trainer Gerhard Struber einen Spieler besonders. Spielmacher Dejan Ljubicic sorgt im Stadion gegen Hertha BSC für ein Wechselbad der Gefühle.
Das Topspiel des zweiten Achtelfinals im DFB-Pokal, das Duell zwischen RB Leipzig und Eintracht Frankfurt, stand kurz vor dem Anpfiff, als im tiefen Westen des Landes das Stadion des 1. FC Köln in Flammen stand. So spät war es in der Rheinmetropole schon. Das Spiel um 18 Uhr lief noch, während tief im Osten der Ball für den Anpfiff um 20:45 Uhr bereit war. Die Fans des Effzeh-Heims hatten die Fantribüne in eine riesige pyrotechnische Wolke gehüllt. Sie waren außer sich vor Glück. Das verrückte Spiel gegen Hertha aus Berlin endete gut. Und was für ein Ding.
In der ersten Minute der Nachspielzeit der zweiten Hälfte der Verlängerung kam Dejan Ljubicic aus elf Metern heran und versenkte den Ball eiskalt. Anschließend riss er sich das Trikot vom Körper, pfiff die anschließende Gelbe Karte und war, wie ganz Köln, einfach gnadenlos erleichtert. 2:1, Viertelfinale.
 
  
 Allein, allein.
(Foto: IMAGO/Maximilian Koch)
Es war noch nicht vorbei, es kam noch etwas Zeit hinzu. Denn die Szene, die zum Elfmeter führte, wurde natürlich überprüft. Schiedsrichter Tobias Reichel wollte einfach keine Fehlentscheidung treffen. Nicht in diesem Wettbewerb, nicht zu diesem Zeitpunkt. Aber die Szene war zu klar, als dass irgendetwas übersehen oder falsch eingeschätzt worden wäre. Oliver Christensen räumte Florian Kainz ab. Aber danach passierte nichts. Hertha schlug einen weiteren hohen Ball in den Kölner Strafraum, doch dieser wurde geklärt und Kapitän Timo Hübers ballte Sekunden vor dem Schlusspfiff beide Fäuste.
„Das war sehr überraschend“
Ljubicic trat an und punktete. Eigentlich ist es keine große Geschichte, denn der 27-Jährige ist vom Punkt her ein zuverlässiger Schütze. Aber er hatte in diesem Spiel eine spektakuläre Geschichte. In der 100. Minute hatte er das gesamte Stadion ratlos verlassen, um mit sich selbst und ihrer Verzweiflung fertig zu werden. Gegen Herthan, der seit der 25. Minute dezimiert und völlig erschöpft war, war ihm der Ball von der linken Seite an den langen Pfosten gerutscht. Da stand er ganz alleine und musste den Ball nur noch über die Linie zum Glück und ins Viertelfinale schieben. Doch der Spielmacher trat aus kürzester Distanz auf den Ball und rutschte darauf aus. Ein Wahnsinn. Seine Teamkollegen warfen vor Schreck die Hände hoch und die Fans auf der Tribüne konnten den Mund nicht schließen.
„Ich glaube, ich war zu sicher, dass der Ball drin sein würde. Dann passierte das. Ein paar Minuten später war er in meinem Kopf. Warum konnte er nicht drin sein?“ sagte Ljubicic in einem Interview auf Sky. „Am Ende konnte ich es reparieren und bin froh, dass wir weitergekommen sind.“ Vor seiner späten Erlösung war er eiskalt geblieben. „Das zeigt, wie reif er ist. Er kann die Dinge für uns regeln“, lobte Trainer Gerhard Struber. „Das zeigt, wie wichtig dieser Spieler für uns und unsere Erfolge ist.“ Über die Szene, die niemand glauben konnte, sagte der Trainer: „Das war sehr überraschend.“ Ljubicic war ein Idiot, oder wie man in seiner Heimatstadt Wien sagt, ein Vollidiot. Und am Ende der Held.
Hertha-Trainer kritisiert Rot-Sünder
Diese Szene, dieses Ende passten zu diesem wilden Duell. Köln geriet früh in Rückstand, Ibrahim Maza traf für Berlin per Foulelfmeter (12.). Deyovaisio Zeefuik verlor daraufhin in einem hitzigen Wortwechsel die Nerven und verpasste Effzeh-Kapitän Timo Hübers einen Kopfstoß (25.). Fünf Minuten später schoss der Berliner Florian Niederlechner ins eigene Tor. Es waren sehr bittere Minuten für die Hertha. Doch die verzweifelten Kölner konnten es lange nicht ausnutzen. In der Verlängerung wurde BSC-Torhüter Tjark Ernst zum Titanen und parierte drei spektakulär. Einmal gegen Ljubicic.
„Es ist schwer, Worte zu finden. So auszuscheiden, ist bitter“, sagte Hertha-Trainer Cristian Fiel bei Sky und fügte hinzu: Der Übergriff dürfe Zeefuik „nicht passieren“. Äußerst erleichtert war hingegen Matchwinner Ljubicic, der Gerüchten zufolge wechseln soll; Berichten zufolge hat er sich bereits mit Vertretern des VfL Wolfsburg getroffen. Er sagte: „Ich möchte nicht sagen, dass es ein Matchwinner ist. Die Mannschaft hat alles gegeben und ich bin froh, dass wir weitergekommen sind. Es ist etwas ganz Besonderes, dass wir jetzt im Viertelfinale stehen. Ich schaue immer auf die Mannschaft – und die Mannschaft hat alles gegeben.“
 
			 
					