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Demonstration in Stuttgart: Bosch-Protest vor dem Mercedes-Museum: „Unsere Jobs sind wichtiger als Ihre Gewinne“

Die Revolution wurde tatsächlich drinnen angekündigt. Beim Kongress Auto, Motor, Sport im Mercedes-Benz Museum in Stuttgart debattierten Entscheider und Branchenexperten über die „Zukunft der Mobilität“. Die Zukunft, so schien es, sei an diesem Dienstag nur ein Thema derer, die sie gestalten wollen, nicht derer, die sie sichern.

Draußen, in frischer Herbstluft und Gewerkschaftsrot, standen rund 100 Bosch-Mitarbeiter – aus Waiblingen, Wernau und Renningen – gemeinsam mit Kollegen von Daimler Untertürkheim. Sie hielten Transparente hoch, skandierten Parolen und ließen Nebelmaschinen zischen. „Unsere Jobs sind wichtiger als Ihre Gewinne“, hieß es auf einem Banner. Und das war mehr als ein Sprichwort, es war ein Hilferuf, ein Warnsignal, ein Schrei.

Zukunft nur mit uns: Der Protest bringt Wut auf die Straße

Wie die Vertreter von Bosch Waiblingen sagen, handelte es sich um eine Demonstration, die vor allem eines zeigen sollte: Der Wegfall von 560 Arbeitsplätzen im Rems-Murr-Kreis sei kein isolierter Betriebsunfall, sondern ein Strukturbruch.

Wie aus Betriebsratskreisen und der IG Metall hervorgeht, soll die Produktion von Steckverbindern am Standort Waiblingen bis spätestens 2028 eingestellt werden. Übrig bleiben lediglich die Tochtergesellschaft Bosch Healthcare und ein internes Start-up für 3D-Druck. Die Produktion selbst – das Herzstück des Werks Waiblingen – fällt dem Rotstift zum Opfer. Die Belegschaft wirft dem Konzern eine verfehlte Investitionspolitik vor und kritisiert, dass Millionen in asiatische Werke fließen, während der Standort im Rems-Murr-Kreis systematisch trockengelegt wird.


Bosch will den Standort Waiblingen komplett schließen. Foto: IMAGO/imagebroker

„Wenn drinnen über die digitale Transformation geredet wird, während die Kollegen draußen um ihren Arbeitsplatz bangen, dann stimmt etwas grundsätzlich nicht“, heißt es in der Stellungnahme. Die geplante Werksschließung in Waiblingen sei nichts weiter als ein „Vertrauensbruch“, ein wirtschaftliches Urteil über jahrzehntelang treue Leistungsträger.



Die Botschaft der Demonstranten war klar: Transformation ja – aber bitte mit sozialer Verantwortung. „Globalisierung darf keine Einbahnstraße sein“, fordern die Vertreter. Wer auf internationalen Märkten Gewinne erwirtschaftet, sollte nicht gleichzeitig die soziale Basis im Inland abschneiden.

„Die Zukunft existiert nur bei uns“, stand auf den Schildern. Und hinter den Slogans steckt mehr als nur Empörung. Es ist ein Versuch, den Diskurs umzudrehen: Die Mitarbeiter sind nicht das Problem. Sondern eine Unternehmensstrategie, die auf Verlagerung statt auf Beteiligung setzt.

Bosch-Mitarbeiter fordern: Verantwortung statt Standortwechsel

Die Liste der Forderungen ist unverkennbar:

  • Standortsicherung für Waiblingen und andere gefährdete Anlagen
  • In neue Produkte investieren statt Stellen abbauen
  • Mitwirkung bei jeder Transformationsentscheidung
  • Ein klares Bekenntnis zur gesellschaftlichen Verantwortung – auch international

Alles in allem ist das keine Revolution, sondern ein realistisches Rettungspaket für eine Branche, die sich neu erfinden muss, ohne sich selbst zu verlieren.

Bosch-Sparprogramm trifft Waiblingen besonders hart

Nach Angaben des Unternehmens will Bosch bis 2030 weltweit rund 13.000 Stellen abbauen; Allein in der Region Stuttgart werden mehrere tausend Arbeitsplätze betroffen sein. In Schwieberdingen und Feuerbach ist ein schrittweiser Personalabbau geplant – nur in Waiblingen wird der Standort jedoch komplett geschlossen.

Kampfansage: „Ohne Streik wird sich nichts ändern“

Was bleibt von diesem Protesttag in Stuttgart? Ein Bild, das im Gedächtnis bleibt: Rote Fahnen vor grauem Beton, lautes Rufen versus leise Gespräche hinter Glasfassaden. Und ein Schlusssatz, der wie ein Versprechen klingt: „Ohne uns wird es keine Veränderung geben. Ohne Solidarität und ohne Streik wird sich nichts ändern.“

Die Mitarbeiter von Bosch Waiblingen sind bereit, für ihre Zukunft zu kämpfen. Laut, entschlossen – und wenn es sein muss, auch lange.

Geplanter Stellenabbau bei Bosch

Allgemein
Der Technologiekonzern Bosch will in seinem Geschäftsbereich „Mobility“ weltweit rund 13.000 Stellen abbauen. Ziel ist es, die Wettbewerbsfähigkeit sicherzustellen und jährlich rund 2,5 Milliarden Euro an Kosten einzusparen. Besonders betroffen sind deutsche Standorte in Baden-Württemberg. Bis Ende 2030 sollen in Feuerbach rund 3.500 Arbeitsplätze wegfallen, in Schwieberdingen rund 1.750. Auch in Bühl und Bühlertal im Landkreis Rastatt ist der Abbau von rund 1.550 Stellen geplant. Im saarländischen Homburg ist das Nutzfahrzeuggeschäft besonders betroffen, dort sind 1.250 Arbeitsplätze gefährdet. Die IG Metall kritisiert die Pläne scharf und spricht von einem „sozialen Kahlschlag“, der Vertrauen zerstört und ganze Regionen schwächt.

Waiblingen
Besonders betroffen ist der Standort Waiblingen. Die Produktion von Steckverbindern für den Automobilbau soll dort komplett eingestellt werden. Betroffen sind rund 560 Mitarbeiter. Bis Ende 2028 soll die Produktion eingestellt werden – danach verbleiben am Standort nur noch die Bosch-Tochter Bosch Healthcare, die Produkte der Medizintechnik entwickelt, und ein hauseigenes Start-up für innovativen 3D-Druck. Für viele Mitarbeiter, die teilweise schon seit Jahrzehnten bei Bosch tätig sind, bedeutet die Entscheidung das Ende einer langen beruflichen Tradition.

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