
Misstrauen gegenüber Medien und Politik und Glaube an „geheime Mächte“: Eine Studie zeigt, wie weit verbreitet Populismus in Deutschland ist. Doch die Mehrheit ist mit der Funktionsweise der Demokratie zufrieden.
Gut ein Viertel der Menschen in Deutschland glaubt, dass die Politik in Deutschland von „geheimen Mächten“ kontrolliert wird. Ein Fünftel ist davon überzeugt, dass die Massenmedien die Bevölkerung „systematisch belügen“. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie der Universität Hohenheim in Stuttgart, der sogenannte Demokratiemonitor.
Für die Studie hat der Kommunikations- und Politikwissenschaftler Frank Brettschneider in einer repräsentativen Umfrage Rechtspopulismus, Verschwörungserzählungen, Demokratiezufriedenheit und Vertrauen in politische Institutionen analysiert. Das Umfrageinstitut Forsa befragte im August und September 4.057 Deutsche.
17 Prozent der Befragten vertreten eine populistische Weltanschauung
Um herauszufinden, wie verbreitet eine populistische Weltanschauung in der Bevölkerung ist, wurden den Befragten 18 Aussagen vorgelegt. Nach Angaben der Universität enthielten einige davon Verschwörungsgeschichten. Die Befragten wurden gebeten anzugeben, wie stark sie diesen Aussagen zustimmen.
Das Ergebnis: 17 Prozent der Befragten vertraten eine populistische Weltanschauung. Laut Politikwissenschaftler Brettschneider ist der Anteil in Ostdeutschland (28 Prozent) höher als im Westen (15 Prozent).
Gebildete Menschen neigen weniger zum Populismus
Auffallend ist, dass der Studie zufolge der Anteil derer, die eine populistische Weltanschauung haben, umso geringer ist, je höher die Bildung der Befragten ist.
Der Anteil ist bei den 45- bis 59-jährigen Männern am höchsten (23 Prozent) und am niedrigsten bei den Frauen über 60 (9 Prozent). Im letztjährigen Demokratiemonitor lag der Anteil der Populisten wie bisher bei 17 Prozent.
Frank Brettschneider ist Inhaber des Lehrstuhls für Kommunikationswissenschaft an der Universität Hohenheim.
Weniger populistisches Denken Anhänger der Grünen
Laut Brettschneider greifen Populisten immer auf die gleichen Narrative zurück. Die Betroffenen glaubten, dass es einen einheitlichen „Volkswillen“ gebe, der von inneren und äußeren Mächten unterdrückt werde. Darüber hinaus ordneten die Befragten politische Eliten und Massenmedien den internen Mächten zu. Zu den externen Mächten gehörten laut Brettschneider die EU, die Globalisierung und der Islam.
Der größte Unterschied besteht laut Brettschneider zwischen den Anhängern der Grünen und denen der AfD: 84 Prozent der AfD-Anhänger haben eine populistische Weltanschauung. Die Unterstützung der Grünen beträgt nicht einmal ein Prozent.
Diktatur statt Demokratie?
23 Prozent aller Befragten stimmten auch der Aussage zu, dass Politiker und andere Führungspersönlichkeiten nur Marionetten der Mächte hinter ihnen seien. 14 Prozent denken der Studie zufolge sogar: „Unser Land gleicht mittlerweile eher einer Diktatur als einer Demokratie.“ In Ostdeutschland sind das 24 Prozent der Befragten, in Westdeutschland 12 Prozent. Fast ein Viertel der Befragten ist der Meinung, dass die Regierungsparteien „das Volk betrügen“.
Auch den Medien geht es nicht gut. Brettschneider erklärt: „Rechtspopulisten verachten nicht nur Parteien und Politiker, sie diffamieren auch die Massenmedien.“ 22 Prozent der Befragten glauben: „Medien und Politik arbeiten Hand in Hand, um die Meinung der Bevölkerung zu manipulieren.“ 61 Prozent teilen diese Ansichten nicht.
Populisten informieren sich häufig über soziale Medien
Der Studie zufolge nutzen Menschen mit einer populistischen Weltanschauung traditionelle Medien wie Zeitungen, Radio und Fernsehen seltener als der Durchschnitt, um sich über politische Informationen zu informieren. Dafür nutzen sie überdurchschnittlich häufig Social-Media-Plattformen wie TikTok, Facebook oder Instagram.
Wissenschaftler Brettschneider erkennt hier einen Zusammenhang. Zitat: „Auf einigen Social-Media-Kanälen überwiegen negative Berichte. Sie verbreiten ein Gefühl des Weltuntergangs. Und wer sich dann – gesteuert durch Algorithmen – dem Doomscrolling hingibt, wird irgendwann glauben, die Welt sei dem Untergang geweiht.“
Großes Vertrauen in die lokale Politik
Mit Blick auf das Vertrauen der Befragten in die Demokratie in Deutschland ergab der Demokratiemonitor in diesem Jahr, dass fast ein Viertel der Befragten mit dem Funktionieren der Demokratie auf Bundesebene unzufrieden ist. Auf staatlicher und lokaler Ebene gibt es weniger.
Je ausgeprägter die populistische Weltanschauung der Befragten war, desto größer war ihre Unzufriedenheit mit dem Funktionieren der Demokratie. Es habe sich in den letzten Jahren gezeigt, dass die Zufriedenheit in diesem Bereich gesunken sei, erklärt Brettschneider: „Zwischen 2021 und 2025 ist die Zufriedenheit mit dem Funktionieren der Demokratie auf Bundesebene um 21 Prozentpunkte gesunken.“
Darin spiegelt sich die Unzufriedenheit von Teilen der Bevölkerung mit dem Vorgehen der Bundesregierung wider – sowohl mit der Ampel-Koalition bis 2025 als auch mit der schwarz-roten Regierung seitdem.