Bei einem zentralen Problem kam der Koalitionsausschuss in der Nacht zum Donnerstag nicht voran. Noch ist nicht abschließend geklärt, wie die Finanzlücke in den Kranken- und Pflegekassen geschlossen werden soll, ohne dass Arbeitnehmer und Arbeitgeber im kommenden Jahr ihre Beiträge erneut erhöhen müssen.
Gesundheitsministerin Nina Warken (CDU) brachte ihre Kürzungsvorschläge bei der Koalitionsspitze voran. Doch eine Einigung konnte nach den rund achtstündigen Gesprächen noch nicht vorgelegt werden. Die Zeit läuft weiter gegen Warken, der schnellstmöglich Lösungen präsentieren will und muss.
Die Schätzergruppe aus Vertretern der Krankenkassen und Spitzenbeamten trifft sich nächste Woche und gibt ihre Prognose für die Beitragsentwicklung ab. „Das Ziel ist die Beitragsstabilität“, sagte der Minister am Donnerstag noch einmal und erklärte, dass sich die gesamte Bundesregierung weiterhin dafür einsetze. „Wir diskutieren immer noch darüber, wie wir dorthin gelangen.“
Ziel ist die Beitragsstabilität. Wir diskutieren immer noch, wie wir dorthin gelangen.
Nina Warken, Gesundheitsminister (CDU)
Es sei zumindest erfreulich, dass sich das erwartete Finanzierungsdefizit der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) laut der Konjunkturherbstprognose im kommenden Jahr um zwei Milliarden verringert habe, sagte Warken. Der GKV fehlen im Jahr 2026 noch zwei Milliarden Euro, in der Sozialen Pflegeversicherung (SPV) muss ein Finanzloch in gleicher Höhe gestopft werden.
Lösung zur Pflegeversicherung geöffnet
Warken ist nun einen Schritt weiter bei der Schließung der Finanzlücke. Am Freitag legte die Ministerin ihre Vorschläge zur Ressortabstimmung vor, um die Finanzlücke in der gesetzlichen Krankenversicherung zumindest vollständig zu schließen. Der Entwurf liegt dem Tagesspiegel vor; Die „FAZ“ berichtete zuerst darüber. Demnach sollen insbesondere Krankenhäuser rund 1,8 Milliarden Euro einsparen. Dazu soll die sogenannte Meistbegünstigungsklausel, die Krankenhäuser bei der Personalkostenberechnung gegenüber Krankenkassen begünstigt, abgeschafft oder ausgesetzt werden.
Die Krankenkassen selbst sollen voraussichtlich 100 Millionen Euro an Verwaltungskosten einsparen. Weitere hundert Millionen sollen aus dem Budget des Innovationsfonds für neuartige Behandlungsmethoden im Gesundheitswesen gestrichen werden. Sollte das Kabinett am kommenden Mittwoch über diese Sparvorschläge entscheiden, kämen sie gerade rechtzeitig, damit die Schätzer sie berücksichtigen könnten.
Allerdings ist noch unklar, wie das Finanzloch in der Sozialversicherung von zwei Milliarden Euro geschlossen werden kann. Am Montag soll die Bund-Länder-Runde zur Reform der Pflegeversicherung erste Zwischenergebnisse vorlegen. Dies würde Warken die Möglichkeit bieten, die Finanzierungslücke in der sozialen Pflegeversicherung zu schließen.
Opposition: Warken ohne Durchsetzungsvermögen
Eine der jüngsten Diskussionen war die Abschaffung des Entlastungsbeitrags für Pflegebedürftige in der sogenannten Pflegestufe 1. Sie sind in ihrer Selbstständigkeit leicht eingeschränkt und können 131 Euro im Monat erhalten. Die meisten Betroffenen nutzen das Geld, um Haushaltshilfen zu beschäftigen. Allerdings sollte die Einführung der Pflegestufe 1 ursprünglich präventiven Maßnahmen dienen. Dieses Ziel sei verfehlt worden, bemängeln Experten. Allerdings kann die Abschaffung der Pflegestufe 1 allein die Finanzierungslücke in der sozialen Pflegeversicherung nicht schließen. Auch andere Maßnahmen sind auf jeden Fall erforderlich.
Kritik an den Plänen kommt von den Grünen. „Minister Warken versucht, mit hektischen Eingriffen die Haushaltslücke der Krankenkassen kurzfristig zu überdecken – aber nicht strukturell zu lösen“, sagte der gesundheitspolitische Sprecher der Bundestagsfraktion, Janosch Dahmen, dem Tagesspiegel. Der neue Kostendeckel für Kliniken ist angesichts der explodierenden Ausgaben rational, aber kein mutiges Reforminstrument. Sie ersetzt nicht die Konzentration der Krankenhausversorgung und die dringend notwendige strategische Steuerung von Qualität, Wirtschaftlichkeit und Effizienz.
Gleichzeitig spart der Minister bei Innovationen. „Der halbierte Innovationsfonds sendet das fatale Signal, dass Forschung, Digitalisierung und neue Versorgungsformen in der Gesundheitspolitik unter diesem Minister keine Priorität mehr haben“, betonte Dahmen.