Urlaub, Strand, blaues Wasser – das ist es, was Europäer wahrscheinlich mit Curacao assoziieren. Nun steht das Karibikland vor der sensationellen WM-Qualifikation. Mit einem ganz besonderen Rezept.
Justin Kluivert wäre eine Art „königlicher Transfer“ gewesen. Doch Dick Advocaat bekam den Sohn des legendären Stürmers Patrick Kluivert nicht, als er im Januar 2024 das Traineramt des kleinen Inselstaates Curacao übernahm.
Sie hätten Kluivert junior das Recht gegeben, in der Karibik für das Land zu spielen. Die Kluiverts haben Wurzeln in Curacao und Justin hatte noch nicht so viele A-Länderspiele für die Niederlande bestritten – auch die FIFA hätte sein Okay gegeben. Kluivert entschied sich jedoch, seine Karriere im „echten“ „Oranje“-Team fortzusetzen, mit dem er derzeit auf dem besten Weg ist, sich für die Weltmeisterschaft zu qualifizieren.
Das kleinste Land aller Zeiten
Bei der WM 2026 könnten Kluivert und seine Freunde dann durchaus auf Curacao treffen – denn auch ohne ihren Wunschspieler sind die karibischen Fußballer weiter auf Kurs, sich für die WM zu qualifizieren. Nach drei Runden führen sie ihre Qualifikationsgruppe B in der Region Nord- und Mittelamerika mit sieben Punkten an. Wenn sie ihre Position in den verbleibenden drei Spielen halten, sind sie bei der Weltmeisterschaft dabei. Als kleinstes Land, das sich jemals für eine Weltmeisterschaft qualifiziert hat.
Wie funktioniert das in einem Land, das nur rund 150.000 Einwohner und kaum konkurrenzfähige Fußballplätze hat? Die Antwort ist einfach: indem man in den Niederlanden nach genügend talentierten Spielern sucht, wo es eine riesige Community mit karibischen Wurzeln gibt. Das haben Advocaat und seine Leute getan. Und sie haben es gefunden.
Dick Advocaat – 78 Jahre jung
„Es gibt viele Spieler, die hoffen, sich eines Tages für die niederländische Nationalmannschaft zu qualifizieren. Einige sind jetzt 23, 24, 25 Jahre alt. Sie denken nicht mehr so viel an ‚Oranje‘. Man muss sie ausprobieren.“sagte Advocaat bei seinem Einstieg Anfang 2024. Gemeinsam mit dem neuen technischen Direktor Khalid Sinouh machte er sich an die Arbeit und identifizierte die möglichen Akteure.
Curacaos Cheftrainer Dick Advocaat
Und siehe da: Curacao bestreitet derzeit die WM-Qualifikation mit einer Mannschaft, die fast ausschließlich aus in den Niederlanden lebenden Profifußballern besteht. Im Tor von Curacao gibt es beispielsweise den Eloy Room. Der 78-jährige Advocaat fand den in Nijmegen geborenen 36-Jährigen sozusagen auf der Ersatzbank bei Vitesse Arnheim.
Geballte Erfahrung aus der Eredivisie
Verteidige vor ihm mit Shuramby Sambo (Sparta Rotterdam) und Armando Obispo (PSV Eindhoven)Jurien Gaari (ehemals RKC Waalwijk) und Joshua Brenet, der vor seiner Zeit bei Twente Enschede spielte zwischen 2018 und 2022 für die TSG Hoffenheim, ein Spieler mit gesammelter Erfahrung aus der niederländischen Erstliga, der Eredivisie.
Der wertvollste Spieler neben Spielmacher Juninho Bacuna, der nach Jahren auf der britischen Insel nun für Gaziantep in der Türkei spielt, ist sicherlich Riechedly Bazoer, der 2017 für rund 15 Millionen Euro von Ajax Amsterdam zum VfL Wolfsburg wechselte. Der heute 29-Jährige galt in Niedersachsen als großes Talent, konnte die Erwartungen jedoch nicht erfüllen. Die Wolfsburger verliehen ihn einmal an den FC Porto und einmal an den FC Utrecht, bevor sie ihn 2019 für 1,5 Millionen Euro an Vitesse Arnheim verkauften.
Auch Hoffenheim ist mit von der Partie
Interessant ist auch die Vita von Mittelstürmer Jürgen Locadia. Der 31-Jährige – geboren im niederländischen Emmen – wurde in der Jugendmannschaft des PSV Eindhoven ausgebildet. Anschließend startete der 1,93 Meter große Riese eine Weltreise. Er spielte im englischen Brighton, im Iran für Persepolis und in den USA trug er das Cincinnati-Trikot. Aber auch die Bundesliga kennt ihn: Zwischen 2020 und 2022 spielte er für den VfL Bochum und die TSG Hoffenheim.
Curacao-Mittelfeldspieler Jürgen Locadia im Duell
Kein einziger der elf Startspieler, die am vergangenen Samstag (11.10.2025) Topfavorit Jamaika souverän mit 2:0 besiegten, wurde auf Curacao geboren. Advocaat hat bei der Umstrukturierung des Teams großartige Arbeit geleistet und aus einer Gruppe einzelner Spieler schnell ein Team zusammengestellt.
„Wie eine Familie“
„Wir sind wie eine Familie“Der 21-jährige Livano Comenencia beschreibt den Zusammenhalt im Team. Advocaat entdeckte den talentierten Mittelfeldspieler in der Jugendabteilung von Juventus Turin, wohin Comenencia 2023 nach einer Ausbildung beim PSV Eindhoven wechselte. Obwohl die „Blaue Welle“ bunt zusammengewürfelt ist, spricht Advocaat von einer „Einzigartige Truppe“das Zugehörigkeitsgefühl und die Leidenschaft des Teams „beeindruckend“.
Und so könnte Curacao diese möglicherweise einzigartige Chance nutzen. Letztlich sind die USA, Mexiko und Kanada mit 48 Mannschaften direkt für die XXL-Weltmeisterschaft qualifiziert und scheiden als mögliche Qualifikationsgegner aus. Curacao muss sich nun zweimal mit Trinidad und Tobago und einmal mit Jamaika auseinandersetzen. „Noch drei Spiele“sagt Comenencia: „Wir müssen einfach alle drei gewinnen. Nicht mehr und nicht weniger.“