Um den Klimawandel erfolgreich zu bremsen, müsste die Menschheit viel energischer handeln. Doch der Trend geht in die andere Richtung. Wird es bei der Klimakonferenz in Belém ab heute noch eine Zusammenarbeit geben?
Zehn Jahre nach dem historischen Klimaabkommen in Paris zieht die Weltgemeinschaft nächste Woche im brasilianischen Belém Bilanz. In Frankreich haben die Staaten 2015 beschlossen, die globale Erwärmung bis zum Ende des Jahrhunderts deutlich unter zwei Grad und möglichst bei 1,5 Grad begrenzen zu wollen.
Um dies zu erreichen, legen sie alle fünf Jahre Klimaschutzpläne vor, die sie kontinuierlich weiterentwickeln. Mit den vor Belém getroffenen Zusagen würden die Emissionen klimaschädlicher Gase bis 2035 um rund ein Zehntel sinken, wie das UN-Klimasekretariat Ende Oktober bekannt gab. Sein Fazit: Die Richtung stimmt, aber es braucht noch viel mehr Tempo.
Andernfalls droht ein dramatischer Anstieg der globalen Erwärmung. Ohne weitere Schutzmaßnahmen werde das 1,5-Grad-Ziel bald überschritten, teilte das UN-Umweltprogramm (UNEP) mit Sitz in Nairobi kürzlich mit.
Herausforderungen und ein Hoffnungsschimmer
Die Pariser Beschlüsse haben das Wachstum der Emissionen gebremst, allerdings nicht im notwendigen Ausmaß. Nach Angaben der Vereinten Nationen würde die Welt ohne internationale Zusammenarbeit in der Klimapolitik auf eine Erwärmung um fünf Grad zusteuern. Derzeit wird mit einer Erwärmung um rund drei Grad gerechnet.
Und selbst bei größtem Aufwand würde die 1,5-Grad-Grenze wohl zeitweise überschritten – mit drastischen Folgen. Die Klimaziele der einzelnen Länder sind noch nicht ambitioniert genug, um der globalen Erwärmung ausreichend entgegenzuwirken.
Sie müssten schneller aus der Nutzung fossiler Brennstoffe aussteigen und erneuerbare Energien deutlich stärker ausbauen. Ein Lichtblick: Nach Angaben der Vereinten Nationen zeigen aktuelle Daten, dass Sonne, Wind und Wasser Kohle als weltweit größte Energiequelle überholt haben. In Belém erwarten die Länder des globalen Südens konkrete Zusagen der Industrieländer, ab dem nächsten Jahr deutlich mehr Geld für entsprechende Maßnahmen bereitzustellen.
Kaum noch Kooperation
Was den Fortschritt erschwert: Die geopolitische Lage hat sich seit der Pariser Konferenz 2015 grundlegend verändert. Die Corona-Pandemie und Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine rücken das Thema Klimaschutz in den Hintergrund.
Eine durch das Pariser Abkommen ermöglichte Zusammenarbeit der beiden größten Klimasünder USA und China ist mittlerweile kaum noch vorstellbar. Stattdessen ziehen sich die USA unter Präsident Donald Trump erneut aus dem Abkommen zurück. In Belém geht es darum, sicherzustellen, dass andere Länder weiterhin auf Kurs bleiben.
Die EU zögert
Doch die EU, die sich gern als klimapolitischer Vorreiter präsentiert, geht nicht mit gutem Beispiel voran, sondern hat sich Zeit gelassen. Eigentlich hätte die Europäische Union im Februar ihre aktualisierte Selbstverpflichtung bei den Vereinten Nationen einreichen sollen. Dieser europäische Beitrag zum internationalen Klimaschutz bis 2035 leitet sich aus dem EU-internen Ziel für 2040 ab.
Doch unter anderem Frankreich und Polen haben eine Einigung hierzu blockiert. Beim EU-Gipfel Ende Oktober wurde es den zuständigen Ministern der Mitgliedsstaaten überlassen, auf den letzten Metern vor Belém eine Entscheidung zu treffen. Anschließend schwächten sie bei einem Nachttreffen in Brüssel den ursprünglichen Kompromissvorschlag ab und beschlossen erst in letzter Minute einen Beitrag für Belem. Das nährt Zweifel an der Entschlossenheit Europas.
Beim Gipfel in Brasilien kommt es nach dem Scheitern der USA auf die EU an – und auf den größten Klimasünder der Welt, China. Anders als die zögerliche EU hat Peking Ende September ein Klimaziel vorgelegt und damit seinen Führungsanspruch dokumentiert, obwohl Experten den Inhalt der chinesischen Zusage kritisch sehen.
Die EU und die Bundesregierung haben ihrem schwierigen Partner China vorgeschlagen, zu kooperieren und „ehrgeizig voranzuschreiten“, um in Belém zu einem erfolgreichen Ausgang zu kommen. Paris hat vor zehn Jahren gezeigt, was beim Klimaschutz möglich ist, wenn die Weltgemeinschaft zusammenhält.
