Die ZDF-Sendung „Markus Lanz“ sollte am Dienstag die Haltung der AfD gegenüber Russland beleuchten. Vladimir Kara-Mursa ist zu Gast und erzählt seine Geschichte. Der Kremlkritiker wird von Lanz als „einer der größten Gegner Putins“ bezeichnet. Er überlebte zwei Giftanschläge und beschreibt in einem fünfminütigen Monolog zu Beginn der Sendung, warum Russland unter Putin so gefährlich ist.
Kara-Mursa beschreibt die russischen Angriffe auf Georgien und die Ukraine und erklärt, wie Russland nicht davor zurückschreckt, auf deutschem Territorium Morde zu begehen.
Als Kara-Mursa fertig ist, fragt Lanz ihn mit einem Seitenblick auf AfD-Chef Tino Chrupalla kurz: „Wenn jemand sagen würde, Russland sei keine Bedrohung für Deutschland. Was würden Sie antworten?“
Der Historiker Kara-Mursa korrigiert Chrupalla
Chrupalla versucht schnell, Kara-Mursas Bemerkungen beiseite zu schieben: „Nun, das ist die Perspektive eines dort lebenden Russen, der natürlich seine negativen Erfahrungen gemacht hat.“ Anschließend versucht er sich an historischem Wissen, indem er sagt, dass Russland seit 100 Jahren eine Diktatur sei.
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Kara-Mursa, Historikerin, korrigiert ihn direkt mit erhobenem Zeigefinger: „Das stimmt nicht.“ Später wird er erklären, dass das Russland, in dem er in den 1990er Jahren aufwuchs, keine Diktatur war. „Es gab freie Wahlen und man musste keine Angst haben, seine Meinung zu äußern“, erklärt der 44-jährige Russe.
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AfD-Chef kritisiert Russland kaum
Auch Lanz will sich mit Chrupallas Antwort nicht zufrieden geben. „Ist das die schärfste Kritik, die Sie heute an Wladimir Putin geübt haben?“ er fragt Chrupalla. Auch hier kommt wenig Kritik am Kreml vom AfD-Chef: „Als deutscher Politiker behaupte ich, dass er mir nichts getan hat“, antwortet er.
Im weiteren Verlauf der Diskussion versucht Chrupalla immer wieder, Putins Methoden mit denen des Westens und der Bundesregierung zu vergleichen. Er stellt sich selbst als Verfolgter des Systems dar und bezeichnet sich selbst als Dissidenten.
Kara-Mursas Kragen platzt
Lanz will ihn unterbrechen, doch dann tut es die wütende Kara-Mursa für ihn: „Unsere Oppositionellen wurden ermordet – wie viele aus Ihrer Partei wurden ermordet?“
Der Kremlkritiker erzählt ausführlich, wie er zwei Giftanschläge nur knapp überlebte und sagt dann zu Chrupalla: „Es ist eine Beleidigung für mich, wenn jemand das mit allem vergleicht, was in westlichen Demokratien existiert.“
Lanz möchte dann wissen, ob Chrupalla bei seinen Besuchen in Russland jemals über die Ermordung von Oppositionellen gesprochen habe. „Das war kein Thema“, sagt der AfD-Chef und lässt sich durch Lanz‘ wiederholte Drängeleien nicht aus seiner Zurückhaltung locken.
Chrupallas taktisches Lob für Schröder
In der Zwischenzeit schafft es Chrupalla immer noch, seine Botschaften zu vermitteln. So lobt er Altkanzler Gerhard Schröder für seine russlandfreundliche Politik, die im Interesse Deutschlands lag.
Das dürfte bei den älteren Zuschauern gepunktet haben, die damals Schröder wählten und nun von den Sozialdemokraten enttäuscht sind.
An anderer Stelle bedient sich Chrupalla der Opferpose und behauptet, er werde überwacht: „Wenn mir nicht zugehört wird, wer dann?“ Der Journalist Justus Bender versucht ihm zu erklären, dass es in Deutschland strenge Regeln gebe, die verhindern würden, dass Politiker in seinem Fall abgehört würden. Chrupalla lacht und scheint ihm nicht zu glauben.
Gaub und Bender bleiben blass
Ansonsten kommen Bender und die Zukunftsforscherin Florence Gaub selten zu Wort. In einem ihrer seltenen Beiträge betont Gaub, dass es wichtig sei, militärisch aufzurüsten, um das Gefühl der Bedrohung durch Russland zu reduzieren.
Lanz überlässt zu Recht das letzte Wort Kara-Mursa, die als Einzige diese Show sehenswert macht. Er fordert den Westen auf, sich auf den Tag vorzubereiten, an dem Putin nicht mehr da ist. „Dann gibt es ein kleines Fenster, das sich für einen demokratischen Wandel in Russland öffnen könnte.“
