Peking
Haoyang hat alles versucht. Der 24-Jährige verfügt über einen Master-Abschluss in Marketing einer renommierten chinesischen Universität. Er hat auch mehrere Praktika absolviert. Doch nach mehr als einem halben Jahr der Suche hat er immer noch keinen passenden Job gefunden. „Niemand stellt ein“, sagt Haoyang, der jetzt darüber nachdenkt, einfach wieder an die Universität zu gehen und vielleicht zu promovieren.
Vielen Chinesen geht es derzeit genauso. Sie spüren, dass sich etwas verändert. Die Zeiten des ungebremsten Wachstums sind längst vorbei. Doch die Pandemie, auf die China mit strengeren Restriktionen reagierte als jedes andere Land, hat für viele den wirtschaftlichen Druck erhöht. Anstatt jedes Jahr ein wenig reicher zu werden, wie es die Kommunistische Partei dem Volk versprochen hat, weil es sich politisch nicht einmischt, muss der Gürtel enger geschnallt werden.
Deutsche Unternehmen spüren die Krise
Auch deutsche Unternehmen spüren die Auswirkungen. „Vieles wurde der Pandemiebekämpfung untergeordnet und strukturelle Probleme nicht angegangen“, sagte Jens Hildebrandt, Vorstandsmitglied der Deutschen Auslandshandelskammer (AHK) in Peking. Dies spiegelt sich nun in einer Vertrauenskrise, geringem Wachstum und hoher Jugendarbeitslosigkeit wider. „Nach chinesischen Maßstäben steht die Wirtschaft still. Eine Rückkehr zum China von vor fünf oder zehn Jahren wird es nicht geben“, sagt Hildebrandt.
Die größte Sorge besteht derzeit darin, dass Peking die Immobilienkrise offenbar nicht in den Griff bekommen kann. Viele Immobilienentwickler, die auf der Jagd nach immer mehr Gewinn hohe Kredite aufgenommen und oft über das nötige Maß hinaus gebaut haben, wissen nicht mehr, wie sie das geliehene Geld zurückzahlen sollen. Allein Evergrande, der größte Entwickler des Landes, hat Schulden in Höhe von über 300 Milliarden US-Dollar angehäuft. Evergrande-Aktien wurden am Montag erstmals seit 17 Monaten wieder gehandelt, der Kurs stürzte um mehr als 80 Prozent ab. Kürzlich machte ein weiterer Immobilienriese, Country Garden, wegen seiner Probleme Schlagzeilen. In vielen Städten sinken die Immobilienpreise.
Menschen, die durch die Krise auf dem Immobilienmarkt verunsichert sind
Der Trend dürfte vorerst anhalten. „Die Regierung versucht seit Jahren, die im Immobiliensektor schlummernden Risiken kontrolliert aufzulösen“, erklärt Ökonom Max Zenglein vom China-Institut Merics in Berlin: „Der Immobiliensektor wird derzeit auf Gesundheit geschrumpft.“ mit schmerzhaften Folgen für das Wirtschaftswachstum.“
In vielen Familien macht sich die Verunsicherung breit, weil der Wert ihrer Eigentumswohnungen sinkt. Das macht sich auch an der Kasse bemerkbar. Die Nachfrage chinesischer Verbraucher ist so schwach, dass Einzelhändler nur mit hohen Rabatten etwas anfangen können. Die Wirtschaft ist nun offiziell in die Deflation abgerutscht.
Auch Probleme mit dem Außenhandel
„Die Jahre der Pandemie und die harten Regulierungsmaßnahmen der Regierung, etwa im Technologie- oder Immobiliensektor, aber auch die geopolitischen Risiken haben die wirtschaftlichen Aussichten der Bevölkerung getrübt“, sagt Zenglein. US-Präsident Joe Biden spricht im Hinblick auf China sogar von einer „tickenden Zeitbombe“.
Nicht nur der Binnenkonsum und der Immobilienmarkt bereiten Probleme. Auch der Außenhandel, die dritte wichtige Säule der Wirtschaft, ist zusammengebrochen. Während die Exporte im Juli im Jahresvergleich um 14,5 Prozent zurückgingen, gingen die Importe um 12,4 Prozent zurück. Insgesamt wuchs die chinesische Wirtschaft zuletzt nur um 0,8 Prozent im Vergleich zum ersten Quartal des Jahres.
Die Regierung hält sich mit Hilfen zurück
Dennoch zögert Peking, weitreichende Maßnahmen zur Ankurbelung des Wachstums zu ergreifen. Zu neuen Hilfen für den Immobiliensektor und zur Ankurbelung des Konsums äußert sich das Politbüro eher vage. Darüber hinaus hat die Zentralbank seit Mitte Juni bereits zweimal die Zinsen gesenkt. Der Aktienhandel bekam am Montag durch eine Senkung der Börsensteuer etwas Auftrieb, unrentable Unternehmen sollen es schwerer haben, an frisches Geld zu kommen.
Hildebrandt von der Pekinger Handelskammer glaubt, dass der Verzicht auf weitreichende Maßnahmen auf knappe Kassen hindeutet: „Nach vielen Jahren der Infrastrukturförderung wurde sie angekurbelt.“ Allerdings sieht Ökonom Zenglein darin auch eine positive Entwicklung: Letztlich sei es eine gute Entscheidung, ein geringeres Wachstum in Kauf zu nehmen und zu versuchen, die Risiken im Finanzsystem einzudämmen.
Unerwünschte Wirtschaftsdaten werden zensiert
Für Arbeitssuchende wie Haoyang nützt das jedoch zunächst nichts. Mehr als jeder fünfte Chinese unter 25 Jahren war im Juni arbeitslos. Wie viele es im Juli waren, lässt sich nur vermuten. Das nationale Statistikamt teilte mit, dass die entsprechenden Daten vorerst nicht mehr veröffentlicht werden.
Peking versucht nicht nur, die Probleme auf dem Arbeitsmarkt so gut es geht zu vertuschen. Durch Zensur und Propaganda wird versucht, ein möglichst positives Bild der Wirtschaftslage zu zeichnen. „Das Abdrehen des Informationshahns wird dem gestörten Vertrauensklima kaum helfen. Transparenz ist jetzt notwendiger denn je“, sagt Kammerchef Hildebrandt.
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