Nach dem Brand bei der Firma Diehl Metall in Lichterfelde hat die Berliner Polizei ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts fahrlässiger Brandstiftung eingeleitet. Laut einer Sprecherin gibt es keine Hinweise auf eine Sabotage oder einen Angriff. Derzeit wird davon ausgegangen, dass es zu einem Unfall kam. Aufgrund der Einsturzgefahr und der dort gelagerten Chemikalien ist das Gebäude noch nicht zugänglich. Am Dienstag begann der kontrollierte Abriss.
Dennoch ist nichts gut für Anwohner und Feuerwehrleute. Am Freitag brach in einer Werkstatt in der Straße Am Stichkanal ein Großbrand aus. Es kam zu mehreren Detonationen. Dichter schwarzer Rauch zog kilometerweit über den Westteil Berlins. Die Bewohner wurden gebeten, ihre Fenster geschlossen zu halten. Eine Gartenkolonie wurde evakuiert. Mittlerweile herrscht in der Gegend große Besorgnis darüber, ob und in welchem Ausmaß die Gegend mit Giftstoffen belastet ist.
Mittlerweile beklagen auch Feuerwehrleute, dass sie Schadstoffen ausgesetzt waren. In einem internen Protokoll des Standorts, das der Berliner Zeitung vorliegt, heißt es: „Löschwasser ist mit Blausäure in hohen Konzentrationen belastet.“
Aus diesem Grund machten sich Forscher am Freitag auf den Weg, um die Luft auf Blausäure zu untersuchen. Dazu gehörten auch die Luftaufnahmen in den angrenzenden Krankenhäusern Helios, Bethel und der Benjamin-Franklin-Klinik. Blausäure oder cyanidhaltige Stoffe können in geringen Mengen über die Atemwege, die Haut oder durch Nahrungsaufnahme tödlich sein.
Und so bleiben Fragen über Fragen. Wie ist es beispielsweise zu erklären, dass gusseiserne Schachtabdeckungen durch das aus den Brandschuttströmen austretende Löschwasser plötzlich eine goldene oder messingfarbene Farbe annehmen? Die Feuerwehr machte vor Ort entsprechende Fotos.
Privat
Auf Nachfrage sagte ein Sprecher von Diehl Metall: „Derartige Meldungen liegen uns derzeit nicht vor. Auch die in den Produktionsprozessen eingesetzten Goldpartikel wären in viel zu geringen Mengen vorhanden, um zu Verfärbungen der Schachtdeckel zu führen. Weitere chemische Reaktionen zwischen Löschmitteln und Schachtdeckeln können wir nicht einordnen, da dies nicht unserem Tätigkeitsbereich entspricht.“
Brand bei Diehl in Lichterfelde: Kritik am Einsatzkonzept der Feuerwehr
Was sich am Freitag ereignete, war ein Vorfall der Kategorie D3 auf der Skala von D1 (keine Auswirkung) bis D4 (katastrophales Ereignis). Meldestufe D3 bedeutet: Risiko außerhalb der Werksgrenzen wahrscheinlich oder bereits vorhanden. Behörden warnen die betroffene Bevölkerung. Einsatz von Polizei, Feuerwehr und Rettungsdiensten.
Am Freitagabend, dem Brandtag, wurden die Wissenschaftler der Analytischen Task Force (ATF) des Landeskriminalamtes Berlin zur Gefahrenabwehr vor Ort alarmiert. Was dort gemessen wurde, welche Proben entnommen und welche Stoffe nachgewiesen wurden – dazu konnte die Berliner Polizei am Dienstag keine Angaben machen. Auch nicht darüber, inwieweit die Bevölkerung gefährdet war. Auch dazu, welche Substanz die in der Gegend niedergegangenen schwarzen „Schneeflocken“ enthielten, konnte die Polizei am Dienstag keine Angaben machen. War das „nur“ Ruß? Vielleicht gibt es in den nächsten Tagen mehr Klarheit.
Unterdessen wird innerhalb der Feuerwehr Kritik am Einsatzkonzept laut: Die Einsatzkräfte seien viel zu nah am Gefahrenbereich gewesen – egal ob Drehleiter oder Einsatzleitwagen, von dem aus die Löscharbeiten koordiniert wurden. Das Löschwasser, in dem die Einsatzkräfte standen oder krabbelten, war grün gefärbt. Ein Test ergab den pH-Wert 1 (sehr sauer).
Auch die Dekontamination war offenbar unzureichend. Die Station, an der die Feuerwehrleute ihre giftige Ausrüstung entsorgen und sich reinigen konnten, wurde nicht außerhalb des Gefahrenbereichs, sondern an der Ecke Goerzallee/Am Stichkanal errichtet. Da der Wind den Rauch direkt dorthin trug, wurde die Dekontaminationsstelle vollständig mit Ruß verunreinigt.
Offenbar verfügten die Feuerwehrleute über keine ausreichende Schutzausrüstung, ihre Gesichter waren rußgeschwärzt und ihre Einsatzkleidung war mit verunreinigtem Löschwasser durchsetzt. Achtlos wurde im Gefahrenbereich die Notverpflegung ausgegeben. Es ist daher unklar, ob und in welchem Umfang offen gelagerte Lebensmittel kontaminiert waren. Der interne Vermerk enthält außerdem den Satz: „Wenn eine Kontamination nicht sicher ausgeschlossen werden kann, sollten die betroffenen Lebensmittel entsorgt werden.“
Die Deutsche Feuerwehrgewerkschaft (DFeuG) fordert nun, dass die Mitarbeiter, die vor Ort waren, ärztlich untersucht und in einem Labor untersucht werden. „Davor warnen wir immer wieder“, sagt Lars Wieg, Landesgeschäftsführer des DFeuG. „Besonders Sonderfunktionen wie CBRN (chemische, biologische, radiologische und nukleare Gefahren, Anmerkung d. Rot.) finden fast keine Beachtung.“
Schon ein normaler Hausbrand birgt große Gefahren, sagt Barth. „Aber bei der Lichterfelder Galvanik handelte es sich um Gefahrgut im Sinne eines CBRN-Einsatzes. Um dies zu meistern, braucht es Wissen und vor allem Ausbildung.“ Schon lange warnt man vor den Folgen mangelnder Ausbildung in der Brandbekämpfung und technischen Hilfeleistung.
Laut DFeuG ist die schlechte Weiterbildungsquote auf die hohe Auslastung der Einsatzkräfte zurückzuführen. Für jede Übungsstunde sei der Mitarbeiter nicht auf der Station und im Dienst, sagt Wieg. „Sie leben von der Substanz und gefährden Ihre Kollegen.“
Berliner Wasserbetriebe: Probenentnahme aus umliegenden Gewässern
Um die chemischen Schäden einigermaßen einzudämmen, sind auch die Berliner Wasserwerke eingestiegen. „Zum einen haben wir sowohl im Abwasser- als auch im Regenwasserkanal sogenannte Blasen erzeugt“, sagt Unternehmenssprecher Stephan Natz. Blasen sind aufblasbare Barrieren. Darüber hinaus wurden Abwasserproben aus beiden Kanaltypen entnommen. „All dies diente dazu, Schäden an den Gewässern und letztlich auch am Grundwasser und später am Trinkwasser sowie an unseren Kläranlagen zu verhindern.“
Bereits im Februar 2021 kam es in einer Galvanik in Berlin-Marienfelde zu einem Großbrand. Die Wasserwerke trafen daraufhin Vorsichtsmaßnahmen für die Abwasserpumpwerke und auch für die Kläranlagen Stahnsdorf und Waßmannsdorf. Deshalb seien dort laut Natz auch keine Giftstoffe des jüngsten Großbrandes angekommen. Mittlerweile sind wir zum Normalbetrieb zurückgekehrt. Es dürften keine relevanten Einleitungen in den Teltowkanal stattgefunden haben. Laut Natz wurden am Freitag bei einem Leipziger Unternehmen Container zum „Zwischenparken“ des kontaminierten Löschwassers angefordert und geliefert.
Das Unternehmen Diehl Metall produziert nach eigenen Angaben Produkte für zivile Verbrennungs- und Elektro-/Hybridfahrzeuge. Produkte für Diehl Defence werden nicht hergestellt. Bei diesem Unternehmen handelt es sich um ein Verteidigungsunternehmen, das unter anderem Raketensysteme herstellt.