Ein CEO nutzt einen ungewöhnlichen Test, um den Charakter von Kandidaten zu beurteilen. Ein Experte erklärt, wie Bewerber am besten reagieren.
Berlin – Das Vorstellungsgespräch ist einer der wichtigsten Schritte im Bewerbungsprozess. Nach der Überarbeitung des Lebenslaufs, der Formulierung eines Motivationsschreibens und der Hoffnung auf eine Einladung freuen sich die meisten Menschen darauf, ihren potenziellen Chef und das zukünftige Team persönlich kennenzulernen und sich von ihrer besten Seite zu zeigen. Für viele Menschen ist ein Gespräch schon spannend genug – doch manche Recruiter und Chefs bauen auch kleine Tests oder psychologische Tricks in die Situation ein. Ein CEO beispielsweise setzt auf den sogenannten „Frühstückstest“.
Bei diesem Test lädt Walt Bettinger, CEO des Finanzunternehmens Charles Schwab Corporation, den Bewerber zum Frühstück ein. Bevor er eintraf, wies der Chef den Restaurantleiter an, die Bestellung des Bewerbers absichtlich zu vermasseln. Beispielsweise würde der Kandidat statt Rührei Spiegeleier bekommen – die Reaktion auf diesen Fehler würde Bettinger dann genau beobachten. Die Reaktion des Kandidaten ist ein Hinweis darauf, wie er mit Widrigkeiten und Stress umgeht. Ist die Person wütend, frustriert oder verständnisvoll? Der Chef ist überzeugt, dass dadurch Rückschlüsse auf das Verhalten des Bewerbers am Arbeitsplatz möglich seien.
„Wir alle machen Fehler. Die Frage ist, wie wir damit umgehen und ob wir respektvoll bleiben, wenn andere Fehler machen“, erklärt der CEO.
Experte erklärt: Das ist die richtige Reaktion auf den „Frühstückstest“
Der Test wurde in den sozialen Medien geteilt und viele halten den Test für gelungen: „Mir gefällt die Idee: Es gibt Frühstück und man sieht das wahre Gesicht anderer Menschen“, kommentiert ein User und ein anderer meint: „Das ist genial. Ein großer Teil des beruflichen Erfolgs hängt vom Umgang mit Menschen ab.“ Allerdings stellen sich viele Menschen auch die Frage, wie der Bewerber am besten reagieren sollte – soll er den Fehler höflich zur Kenntnis nehmen oder nichts dazu sagen?
„In dieser Situation sollte man ruhig bleiben, sich bei der Kellnerin bedanken und fragen: ‚Hey, ist das für mich? Ich meine, ich habe dies und das bestellt…‘“, sagt HR-Projektleiter Daniel Wörz BuzzFeed News Deutschland von Ippen.Media. Es kann sich dann zwischen Chef und Bewerber zu einem Gespräch entwickeln, bei dem „eine persönliche Ebene auf Augenhöhe erreicht“ wird. So lässt sich die Verwirrung entspannt lösen. Es ist klar, dass der Kandidat nicht wütend reagieren sollte, sondern vielmehr mit seiner Reaktion zeigen sollte, dass er jedem mit Respekt und Anstand begegnet. „Fehler passieren und gehören einfach dazu.“
HR-Experte: Kleine Tests reichen aus – psychologische Tricks sind veraltet
In einem Team seien zwei Parameter wichtig, erklärt Wörz: Erstens die fachliche, inhaltliche und technische Kompetenz. Und andererseits auch die menschliche, persönliche und soziale Passung. „Beides zusammen ergibt ein abgerundetes Bild eines Kandidaten.“ Wertschätzende Vorgesetzte und Personalverantwortliche würden Bewerber mit Respekt behandeln. Bestimmte Tests im Vorstellungsgespräch seien völlig in Ordnung, erklärt der Experte. Zum Beispiel, wenn der Bewerber eine kleine Aufgabe lösen muss, etwa gemeinsam mit zukünftigen Kollegen einen kurzen Bericht erarbeiten muss. Allerdings gilt hier: „Der Test muss sich auf die zukünftige Aufgabe und Rolle im Unternehmen beziehen.“
Auch harmlose Tricks sind harmlos: Wenn sich zum Beispiel etwas im Zeitplan ändert und man sehen möchte, wie Kandidaten auf eine neue Situation reagieren. Kritisch sieht der Experte hingegen psychologische Tests wie den Kaffeetrick: Hier beobachten wir, ob der Kandidat nach dem Vorstellungsgespräch seine Kaffeetasse in die Küche stellt. Dies soll sein Verantwortungsbewusstsein zeigen. „Wer heute noch solche Tricks anwendet, ist nicht mehr zeitgemäß“, sagt Wörz. (Quellen: Instagram, eigene Recherche)