Carla Bruni übertrifft den ehemaligen französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy deutlich, und das nicht nur hinsichtlich der Körperlänge. Sie ist eine Frau, die in allen Rollen durch Eleganz und Souveränität beeindruckt. Nun tut sie es ihr gleich wie eine Geliebte, die ihren Mann begleitet, wenn er ins Gefängnis geht.
Wenn man sich die Bilder anschaut, muss man sich den langen Weg vor Augen halten, den diese Frau zurückgelegt hat, vom frivolen, koketten italienischen Supermodel der 1990er Jahre über die zart klimpernde französische Chansonnière der Nullerjahre bis zur eleganten „Première Dame“ einer kämpfenden „Grande Nation“ und nun zur Frau eines Insassen im Gefängnis „La Santé“ in Paris. Uhren Carla Gilberta Bruni-Sarkozy verlässt am Dienstag, den 21. Oktober, um 9:10 Uhr Ortszeit das Haus im noblen 16. Pariser Arrondissement.
Hand in Hand ging sie mit Nicolas Sarkozy durch die schmale Kopfsteinpflastergasse, an deren Ende das Auto wartete, das ihn ins Gefängnis brachte, außerdem die Fotografen und Kamerateams, einige Gegner, viele Unterstützer, darunter ihre Tochter Giulia, 14, sein Bruder und seine drei Söhne aus zwei früheren Beziehungen.
Bruni, Tochter einer italienischen Industriellenfamilie (u. a. Miteigentümer der Reifenfirma Pirelli), trug einen perfekt sitzenden grauen Anzug aus schwerer, weich fallender Wolle, einen dunkelgrauen Rollkragenpullover, schwarze Slipper ohne Socken und nur sehr dezentes Make-up, ihr Mann trug eine graue Wollhose mit dunkelblauem V-Ausschnitt-Pullover, blaue Jacke, darunter ein weißes Hemd und den Anfang der schwarzen Krawatte. Die Gesichtsausdrücke des Paares, das am 2. Februar 2008, kurz nach Bekanntwerden ihrer Beziehung, im kleinen Kreis im Élysée-Palast heiratete, waren ernst, sich der Bedeutung des Augenblicks bewusst und angemessen.
Schließlich ist es das erste Mal, dass ein ehemaliger französischer Präsident ins Gefängnis kommt. Er wurde am 25. September von einem Gericht in Paris wegen „Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung“ zu fünf Jahren Gefängnis verurteilt. Sarkozy soll seinen Präsidentschaftswahlkampf 2007 illegal mit mehreren Millionen Euro des damals international völlig isolierten libyschen Machthabers Gaddafi finanziert haben. Es wurde Berufung eingelegt, doch aufgrund der „Schwere des Verbrechens“ muss Sarkozy, der die Vorwürfe bestreitet, dennoch ins Gefängnis.
Bruni und Sarkozy traten wieder einmal wie ein Mann auf. Als zwei, die nichts auf der Welt trennen kann. Das Bild ist nicht neu, Sarkozy mit ernster Miene, sie neben ihm. Er steht seit Jahren immer wieder wegen verschiedener Anklagen (u.a. illegaler Einflussnahme und Korruption) vor Gericht und wurde auch einmal verurteilt, bislang jedoch ohne ins Gefängnis zu müssen. Das ist jetzt anders.
Was immer wieder überrascht, ist das Bild der Frau an seiner Seite. Carla Bruni steht ihrem Mann zur Seite, egal was ihm vorgeworfen wird. Sie lässt nicht den geringsten Zweifel an ihrer Unterstützung und verteidigt ihn auf allen Kanälen – der bevorzugte, ein Supermodel wird immer ein Supermodel bleiben, ist Instagram. Ihr offizieller Account hat 1,2 Millionen Follower. Dort teilte sie kürzlich die (kämpferische) Stellungnahme ihres Mannes zum Urteil, taucht aber auch bei ihren sporadischen Ausflügen in frühere Welten auf, in Mode und Musik. Aber auch private Momente mit ihrem Mann zeigt sie dort immer wieder, etwa indem sie Videos teilt, die sie und Sarkozy Kopf an Kopf in einem Café zeigen. Oder beim Essen im Urlaub grinsend – ein Paar, das mit sich selbst im Reinen zu sein scheint.
Man könnte das jetzt als selbstverständlich abtun, ist es aber nicht, vor allem nicht, wenn man die Anfänge und Voraussetzungen dieser „President loves Supermodel-Sänger-Beziehung“ berücksichtigt. Als Präsident Sarkozy (2007-2012) Ende 2007 gerade die Trennung von seiner zweiten Frau Cecilia verkündete, kursierte das Gerücht, dass der mit 1,65 Zentimetern eher kleine konservative Politiker mit großem Ego eine Affäre mit dem 1,77 Meter großen Chanson-Star-Model hatte, das in jeder Hinsicht als großzügig und liberal galt, doch die Beziehung hatte keine große Halbwertszeit. Die Welten sind zu unterschiedlich, sein Ego ist zu groß, ihre Natur ist zu flatterhaft. Und dann waren da noch die ganzen Modestrecken, die bereits abgelichtet waren und die frisch vermählte First Lady in der Februar-Ausgabe des spanischen Männermagazins „DT“ zeigten, die im Frühjahr nur kniehohe Stiefel trug. Die allgemeine Einschätzung ist, dass dies nicht lange gut gehen kann.
Doch schon damals scherten Bruni die ganzen Vorbehalte und die Häme kaum. Sie wuchs souverän in die neue Rolle der „Première Dame“ hinein, so wie sie entgegen aller Zweifel alle zuvor angestrebten Rollen ausfüllte. Und so ging es auch nach der politischen Karriere ihres Mannes weiter.
Während er in den Jahren danach eher schrumpfte, wuchs er als Staatsmann und Macher. Ohne ihn herabzusetzen. Darüber hinaus zeigte sie, dass sie nicht nur ein sicheres Gespür für Mode, Eleganz und Stil hat, sondern auch das verkörpert, was man als altmodische Loyalität und Haltung bezeichnen könnte. Sie stand nicht nur immer fest an der Seite von Nicolas Sarkozy – egal, was ihm vorgeworfen wurde. Sie hatte auch eine enge Beziehung zu einem Freund wie dem Schauspieler Gérard Depardieu. Er wehrte sich gemeinsam mit anderen gegen die völlige „Auslöschung“ seiner Person und seiner Verdienste, ohne jedoch sein Fehlverhalten zu verharmlosen.
Sie müssen nicht denken, dass beides in diesem speziellen Fall richtig ist – aber Sie sollten die Tatsache respektieren, dass es eine Frau gibt, die ihre Größe zeigt. Immer wieder.