In einer Rede verurteilte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier den Aufstieg rechtsextremer Kräfte in Deutschland mit außerordentlicher Schärfe. Er rief die Bürger zum Widerstand auf: „Lasst uns tun, was getan werden muss!“
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier warnte am 9. November im Schloss Bellevue eindringlich vor einer Erosion demokratischer Werte und rief zu deren Verteidigung auf. „107 Jahre nach der Ausrufung der ersten deutschen Republik steht unsere liberale Demokratie unter Druck“, sagte er. Populisten und Extremisten „verspotten die Institutionen, vergiften die Debatten und machen das Geschäft der Angst“, sagte Steinmeier laut dem WELT vorab vorliegenden Redemanuskript.
„Noch nie in der Geschichte unseres wiedervereinten Landes wurden Demokratie und Freiheit so stark angegriffen“, hieß es weiter. Die Bedrohung gehe „von einem russischen Aggressor aus, der unsere Friedensordnung zerstört hat – und derzeit von rechtsextremen Kräften, die unsere Demokratie angreifen und sich Zustimmung verschaffen.“
Tatsächlich verzeichnet die vom Bundesamt für Verfassungsschutz teilweise als rechtsextremistisch eingestufte und beobachtete AfD in den Umfragen Rekordzahlen. Besonderes Augenmerk gilt der Landtagswahl im September 2026 in Sachsen-Anhalt.
Der Bundespräsident forderte zudem, den Schutzwall gegen die AfD aufrechtzuerhalten und erinnerte an die Lehren aus der Weimarer Republik. Diese Debatte wird derzeit in einigen Teilen der Union geführt.
In seiner Rede verwies Steinmeier auf historische Lehren: „Der gewagte Versuch, Antidemokraten durch Machtüberlassung zu bändigen, scheiterte nicht nur in Weimar.“ Deshalb dürfe es „keine politische Zusammenarbeit mit Extremisten geben. Nicht in der Regierung, nicht in den Parlamenten. Wenn dadurch ein Teil des demokratisch gewählten Parlaments aus der Organisation ausgeschlossen wird, dann ist dieser Ausschluss ihre eigene Entscheidung.“
Steinmeier sagte, wir wissen, wohin es führt, wenn Menschen als vermeintlich Andere ausgegrenzt, verfolgt und gequält werden und ihnen am Ende sogar jegliche Menschlichkeit abgesprochen wird. Das ist die Warnung des 9. November 1938 und die wichtigste Lehre aus der deutschen Geschichte.
Stattdessen plädierte Steinmeier für entschlossenes Handeln: „Nur darauf zu warten, dass der Sturm vorüberzieht, reicht nicht aus. Wir haben keine Zeit zu verlieren. Wir müssen handeln. Wir können handeln. Unsere Demokratie ist nicht zur Kapitulation verurteilt. Die Demokratie kann sich wehren!“
Zu einer wehrhaften Demokratie gehört auch, dass sie ihre Institutionen schützt: „Wer sich dem liberalen Kern unserer Verfassung widersetzt, kann kein Richter, Lehrer oder Soldat sein.“ Zugleich warnte er vor Brutalisierung im Internet: „Die Lügen, der Hass, der Hass, der dort millionenfach verbreitet wird, ist zu einer Gefahr für die Demokratie geworden.“ Die Zukunft der Demokratie, sagt Steinmeier, „wird im Internet entschieden“.
Am Ende seiner Rede rief er die Bürger dazu auf, nicht aufzugeben: „Machen Sie mit! Was wir jetzt brauchen, sind aktive Demokraten, die den Mund aufmachen – im Parlament, beim Fußball, am Stammtisch, in der Schule, an der Bushaltestelle und am Arbeitsplatz.“ Steinmeiers letzter Appell: „Lasst uns zusammenstehen – für die Selbstbehauptung der Demokratie und der Menschlichkeit! Vertrauen wir uns selbst! Lasst uns tun, was getan werden muss!“
kami
