Berlin – Die Lage ist chaotisch: Ob eine Milliarde, 1,5 Milliarden oder gar drei Milliarden – wenn es um eine mögliche Entlastung des Bundeshaushalts durch weniger Empfänger von Bürgergeldern geht, kursieren die unterschiedlichsten Zahlen.
Doch was ist am Ende wirklich wahr? Wie viel können wir als Steuerzahler sparen, wenn wir zum Beispiel 100.000 Unterstützungsempfänger (endlich) wieder in den Beruf bringen? BILD hat nachgerechnet – und die offiziellen Berechnungen der Ministerium für Arbeit und die Bundesagentur für Arbeit überprüft.
Minister für Arbeit und Soziales Bärbel Bas (SPD) sprach kürzlich im ZDF von einer Milliarde Euro, die eingespart werden könnten, wenn 100.000 Unterstützungsempfänger wieder arbeiten würden. Wie es zu dieser Zahl kommt, erklärt das Bundesarbeitsministerium (BMAS) auf BILD-Anfrage:
▶︎ Im Juni 2025 wurden Bürgergeldzahlungen in Höhe von 3,88 Milliarden Euro geleistet – an rund 5,3 Millionen Regelleistungsberechtigte. Regelsätze, Mehrbedarfe, Unterkunft, Heizung und Sozialabgaben sind darin enthalten, nicht jedoch Kinderzuschüsse oder Bildungs- und Teilhabeleistungen.
Das Ministerium rechnet den aktuellen Monatswert auf das Jahr hoch und berechnet ihn pro Kopf. Ergebnis: rund 875 Millionen Euro pro Jahr gespart durch 100.000 weniger Bürgergeldempfänger. Zusammen mit den nicht erfassten Zuschlägen beläuft sich dies auf rund eine Milliarde Euro pro Jahr. Eine grobe Prognose – aber mit Schwächen!
Die Agentur für Arbeit rechnet anders
DENN: Nicht jeder Anspruchsberechtigte kann in Arbeit vermittelt werden – zum Beispiel bei Kindern! Die Bundesagentur für Arbeit (BA) rechnet genauer: Im Juni dieses Jahres sprach BA-Vorstandsvorsitzende Andrea Nahles (55, SPD) von rund 1,5 Milliarden Euro Ersparnissen bei 100.000 weniger Unterstützungsempfängern.
Die Geschäftsführerin der Bundesagentur für Arbeit: Andrea Nahles
▶︎ Der entscheidende Unterschied: In die Berechnung wurden nur die Arbeitsfähigen einbezogen – also diejenigen, die tatsächlich einer Arbeit vermittelt werden können. Die genauen durchschnittlichen Kosten pro Unterstützungsempfänger werden statistisch erfasst, BILD errechnet:
Bezeichnung | Durchschnittswert pro Monat und pro Kopf (2024) |
---|---|
Steuerkraft | 584,72 Euro |
Sozialversicherungsbeiträge | 201,44 Euro |
Kosten für die Unterkunft | 542,62 Euro |
IN SUMME | 1.328,78 |
Auf das Jahr gerechnet sind das rund 16.000 Euro pro Person. Bei den angenommenen 100.000 Förderempfängern ergäbe sich dadurch eine jährliche Einsparung von 1,6 Milliarden Euro. Bei Rundungsdifferenzen ist die Nahles-Zahl also korrekt.
Der Hebel: zusätzliches Einkommen durch Arbeit
Bisher wird in den Berechnungen nur berücksichtigt, was bei Transferzahlungen eingespart werden kann. Doch es gibt noch einen zweiten, zentralen Hebel: Wenn 100.000 weitere Menschen wieder arbeiten gehen, zahlen sie auch Steuern! Die Gesamtentlastung kann sich sogar verdoppeln!
Arbeitsmarktforscher Prof. Enzo Weber (Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung) erklärt in BILD: „Nur wenn die Menschen nachhaltig in Arbeit gehen, lassen sich große Summen in der Grundsicherung einsparen. 100.000 Arbeitslose weniger bedeuten 3 Milliarden Euro mehr für die öffentlichen Haushalte – weil zwar weniger Sozialleistungen gezahlt werden, dafür aber auch mehr Steuern und Abgaben eingenommen werden.“
Arbeitsmarktforscher Prof. Enzo Weber
▶ Im Klartext: Sobald die Menschen wieder regelmäßig arbeiten, wird es einen doppelt positiven Effekt für den Staat geben. Einerseits wird es beseitigt BürgergeldWohnkosten und Sozialversicherungsbeiträge, andererseits zahlen diese Menschen wieder Steuern und Beiträge – und entlasten die Staatskasse.