Jetzt soll die EU richten, was in Deutschland wirtschaftlich schlecht läuft.
Bundeskanzler Olaf Scholz hat keine Mehrheit im Bundestag. Seine Aussichten, die Wahl im Februar zu gewinnen, sind schlecht.
Kurz vor Beginn der heißen Wahlkampfphase will er Unterstützung für die deutsche Wirtschaft von der Europäischen Union. Dabei setzt er auch auf Aufweichung von Klimazielen der EU.
Das fordert Scholz in seinem Brief
In einem siebenseitigen Brief an Ursula von der Leyen, der Präsidentin der EU-Kommission, fordert Scholz:
► Klimaziele entschärfen. „Europäische Regulierungen brauchen eine pragmatische Balance zwischen der Sicherung von Arbeitsplätzen und einer starken, wettbewerbsfähigen europäischen Wirtschaft einerseits und klima- und umweltpolitischen Zielen andererseits“, schreibt der Kanzler.
Bedeutet: Wo Klimaschutz die Entwicklung der Wirtschaft behindert, soll er zurückgestellt werden. Scholz: „Dies gilt zum Beispiel für die zu strengen Vorgaben für grünen Wasserstoff, die die Umstellung auf Wasserstoff bremsen, die Kosten erhöhen und damit einen hemmenden Effekt auf die Transformation der energieintensiven Industrie haben.“
► Automobilindustrie stärken. Scholz wendet sich auch gegen drohende Strafzahlungen von Autofirmen, sollten sie die neuen strengeren Flottengrenzwerte der EU überschreiten. „Es darf aber nicht sein, dass gerade die Unternehmen durch Strafzahlungen bei der Transformation geschwächt werden, die massiv in saubere Antriebstechnologien investieren.“
Flottengrenzwerte beschränken den durchschnittlichen CO₂-Ausstoß von neu zugelassenen Fahrzeugen eines Herstellers. Der Grenzwert sinkt in diesem Jahr von 115,1 Gramm pro Kilometer auf 93,6 Gramm. Einigen deutschen Herstellern wie Ford oder VW könnten Strafzahlungen drohen. Stattdessen fordert Scholz „eine europaweite Initiative für einen E-Auto-Kaufanreiz“.
► Strompreise senken. Rund 350 Unternehmen in Deutschland, die am stärksten im internationalen Wettbewerb stehen, erhalten eine Strompreiskompensation im Klima- und Transformationsfonds.
Scholz will, dass mehr Firmen in das Programm aufgenommen werden können: „Ich bitte die Europäische Kommission, zeitnah die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass eine Ausweitung der Strompreis-Kompensation und eine Verbreiterung des Anwendungsbereiches erfolgen kann. Dies ist unerlässlich, um die Wettbewerbsnachteile der CO₂-Bepreisung im Stromsektor für sehr energieintensive Unternehmen auszugleichen.“
Notwendig seien auch Maßnahmen gegen Bürokratie in Europa, fordert Scholz. Kosten dafür müssten gesenkt werden, um die Innovationsfähigkeit von Unternehmen zu erhöhen. Im Zollstreit mit China plädiert der Kanzler, die Gespräche über eine Rücknahme „zu einem einvernehmlichen Ergebnis zu bringen“.