Brandenburgs Ministerpräsident Woidke bezeichnete das Wahlergebnis als Erfolg für die SPD. Er wolle zunächst mit der CDU über die Bildung einer Regierungskoalition sprechen.
Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke hat das Abschneiden seiner SPD bei der Landtagswahl als großen Erfolg bezeichnet. „Wir haben eine Aufholjagd geschafft, wie es sie in der Geschichte unseres Landes noch nie gegeben hat“, sagte Woidke auf der SPD-Wahlparty in Potsdam.
Ob die SPD am Ende tatsächlich vor der AfD liegen wird, sei allerdings noch unklar. „Unser Ziel war von Anfang an, zu verhindern, dass unser Land einen großen braunen Stempel bekommt.“ In den Hochrechnungen vom Sonntagabend lag die SPD knapp vor der AfD, und es zeichnet sich ab, dass sie zumindest bei den Zweitstimmen vorne bleiben wird.
SPD laut Hochrechnung knapp vor AfD, BSW vorne im Rennen um Platz 3
Laut Hochrechnungen wird die SPD in Brandenburg mit etwas über 30 Prozent erneut stärkste Kraft – knapp vor der AfD. Die CDU liegt hinter dem neugegründeten BSW, der in Brandenburg auf Anhieb drittstärkste Partei werden dürfte.mehr
Im Ersten betonte Woidke, die SPD müsse den „wirtschaftlichen Erfolgskurs in Brandenburg“ fortsetzen. „Wirtschaftliches Wachstum muss sich für die Menschen auszahlen. Wir haben die höchsten Nettoeinkommen in Ostdeutschland, aber das kommt noch nicht bei allen an.“
Woidke hatte zuvor im rbb-Fernsehen gesagt, er wolle zunächst mit der CDU über die Bildung einer Koalitionsregierung sprechen, wenn sich die Ergebnisse der Hochrechnungen bestätigen sollten. „Wir werden auf jeden Fall mit der CDU reden, das ist schon jetzt klar“, sagte Woidke. Mit Blick auf die Grünen, deren Einzug in den Landtag in Potsdam am Abend zunächst noch nicht klar war, sagte er, man müsse schauen, ob es noch weitere Partner brauche und wer sonst noch dabei sei.
Zu einem möglichen Bündnis mit dem BSW wollte Woidke zunächst keinen Kommentar abgeben. „Man sieht, es ist eng. Wie sich die Dinge in den nächsten Stunden entwickeln, müssen wir abwarten.“
Aus Woidkes Sicht gibt es jedenfalls am Wahlabend nicht nur Grund zur Freude. Mit Blick auf den Zuwachs der AfD im Land sagte er: „Wir müssen auch Lehren aus dieser Wahl ziehen. Denn es ist in der Tat so: Wenn eine in Teilen der Wählerstimmen offen rechtsextreme Partei hier in Brandenburg mit fast 30 Prozent reüssiert, dann muss uns das zu denken geben.“
AfD-Chef Berndt: „Wir sind fast gleich stark“
Der Spitzenkandidat der AfD bei der Landtagswahl in Brandenburg, Hans-Christoph Berndt, zeigte sich erfreut über das Abschneiden seiner Partei. „Vergessen Sie nicht, was wir in diesem Wahlkampf an Zuspruch hatten, diesen Zulauf junger Leute“, sagte er auf der Wahlparty der AfD zu ihren Anhängern. Dies zeige, dass die AfD „die Partei der Zukunft“ sei – SPD und CDU dagegen seien Parteien der Vergangenheit.
Obwohl die anderen Parteien gegen die AfD angetreten seien, sei seine Partei erfolgreich gewesen, sagte Berndt. „Wir sind fast gleich stark“, fügte er hinzu und verwies auf den geringen Abstand zwischen SPD und AfD in den ersten Prognosen und Hochrechnungen.
+++ SPD bei Landtagswahl in Brandenburg laut Hochrechnung knapp vor AfD +++
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CDU-Spitzenkandidat Redmann: „Bitterer Abend“
CDU-Spitzenkandidat Jan Redmann zeigte sich enttäuscht über das schlechte Ergebnis seiner Partei. „Es ist ein bitterer Abend für uns als CDU, denn wir liegen nach den ersten Prognosen weit hinter unseren Erwartungen“, sagte Redmann. Er merke, wie sich die Stimmung in diesem Wahlkampf gewandelt habe. Die Menschen in Brandenburg seien „geschockt, haben Angst vor unregierbaren Verhältnissen, und auch Angst vor einer AfD als stärkster Partei“.
Dies habe zu „einer Polarisierung“ geführt, von der allein SPD und AfD profitiert hätten, sagte Redmann.
Sachsens CDU-Ministerpräsident Michael Kretschmer unterstützte im Wahlkampf den SPD-Amtsinhaber in Brandenburg, Dietmar Woidke. „Das war überhaupt nicht hilfreich“, sagte Redmann. „Wir werden das mit Sicherheit noch einmal persönlich mit Michael Kretschmer besprechen.“
Alles auf Woidke? Auf Dauer zu wenig gegen die AfD
Die SPD hat die Wahl zum Personenduell „Woidke gegen die AfD“ erklärt – und gewonnen. Allerdings geht der Sieg vor allem zu Lasten der bisherigen Koalitionspartner. Eine nachhaltige Strategie, um die AfD in Schach zu halten, ist das nicht. Von Christoph Hölschermehr
BSW-Co-Chef Mohamed Ali führt Wahlerfolg auf Wagenknecht zurück
BSW-Co-Vorsitzende Amira Mohamed Ali führte den Erfolg des Sahra Wagenknecht-Bündnisses (BSW) bei der Landtagswahl in Brandenburg auf die Popularität der Parteivorsitzenden und Namensgeberin Sahra Wagenknecht zurück. Seine Ergebnisse in Brandenburg, Sachsen und Thüringen vor drei Wochen habe das BSW „auch der Popularität Sahras zu verdanken“, sagte Mohamed Ali am Sonntagabend im ZDF. Die Partei identifiziere sich „sehr stark“ mit Wagenknecht, strebe nach der Bundestagswahl in einem Jahr aber einen „neutraleren Parteinamen“ an.
Der erst Anfang des Jahres gegründete BSW landete in Brandenburg Hochrechnungen zufolge hinter SPD und AfD auf Platz drei. Die Partei habe Themen wie Frieden, Bildung, Migration und innere Sicherheit gefunden, „die viele in Brandenburg ansprechen“, sagte Mohamed Ali.
Das bedeutet Grundmandats-Klausel, Sperrminorität und Überhangmandat
Auch bei der Brandenburg-Wahl sind einige spezielle Begriffe von Bedeutung. Was sie bedeuten, ist nicht unbedingt selbsterklärend – für das Verständnis der Wahl sind sie aber wichtig. Hier erklären wir, was Grundmandatsklausel, Sperrminorität und Überhangmandat sind.mehr
Grüne hofften vergeblich auf Direktmandat
Die Grünen haben den Wiedereinzug in den brandenburgischen Landtag wohl verpasst. In der jüngsten Hochrechnung von ARD und ZDF vom Sonntagabend lagen sie bei weniger als fünf Prozent.
Grünen-Spitzenkandidatin Antje Töpfer äußerte sich am frühen Abend zunächst zuversichtlich, dass ihre Partei in den Landtag einziehen werde. „Es wird sicher ein langer Abend, wir werden noch lange hier sitzen und bangen, aber wir werden es schaffen“, sagte sie. „Wir werden in den Landtag einziehen. Und wir werden das Direktmandat holen.“
Doch Hoffnungen, dass Kandidatin Marie Schäffer in Potsdam das Direktmandat erringen könnte, zerschlugen sich im Laufe des Abends. Mit dem Direktmandat hätten die Grünen aufgrund der sogenannten Grundmandatsklausel auch unterhalb der Fünf-Prozent-Grenze in den Landtag einziehen können.
Co-Spitzenkandidat Benjamin Raschke sagte in der ARD, die Grünen hätten starken Gegenwind erfahren. Zudem habe sich die Lage verschärft und es sei ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen SPD und AfD gegeben, wobei andere Parteien etwas zurückgefallen seien.
Geschreddert
Erstmals gibt es einen ostdeutschen Landtag ohne die Linke. Spitzenkandidat Sebastian Walter sagte dem rbb, die Partei sei in Brandenburg zerfetzt worden. Eine Einschätzung, die ebenso brutal wie richtig ist, wie die Wählerwanderung zeigt. Von H. Gökkaya und O. Noffkemehr
Linksparteichef Walter: „Zerfetzt“ durch Woidkes Wahlkampf
Linkspartei-Chef Sebastian Walter sagte im rbb-Fernsehen, seine Partei sei durch einen „Panikwahlkampf“ von Ministerpräsident Dietmar Woidke „zerfetzt“ worden. Für die Linkspartei sei es ein „desaströser Abend“ gewesen, der aber nicht den Tod der Linkspartei bedeute.
Der Potsdamer Landtag würde „arm und unheimlich“ werden, wenn die Linke darin nicht mehr vertreten sei, sagte Walter. Sozialpolitik werde Woidke nicht betreiben.
„Wir werden uns in den nächsten Jahren neu aufstellen und dann wieder in diesen Landtag einziehen“, sagte Walter in der ARD. Im rbb-Fernsehen ergänzte Walter, dass auch auf Bundesebene eine völlige Neuaufstellung der Linkspartei notwendig sei.
Die Linke muss sich verbessern und deutlich machen, dass sie besser ist als etwa die Koalition von Sahra Wagenknecht (BSW). Auch die AfD wird zeigen, dass sie keine Politik für sozial Benachteiligte betreibt. Ersten Hochrechnungen zufolge scheiterte die Linke in Brandenburg an der Fünf-Prozent-Hürde.
Die Linke kam Hochrechnungen zufolge auf deutlich weniger als fünf Prozent der Stimmen – bei der Wahl 2019 hatte die Partei noch knapp elf Prozent geholt.
Freie Wähler enttäuscht
Der Spitzenkandidat der Freien Wähler bei der Landtagswahl in Brandenburg, Péter Vida, zeigte sich vom Abschneiden seiner Partei enttäuscht. „Wir wollten ein deutlich besseres Ergebnis erzielen“, sagte er.
Die Kumulation des Wahlkampfes in einem Rennen zwischen AfD und SPD um Platz eins habe vor allem die kleineren Parteien „etwas auseinandergerissen“, befand Vida. Die Freien Wähler hätten „Themen gesetzt, die sehr spezifisch auf Brandenburg zugeschnitten sind“. Allerdings habe es gerade in den letzten Wahlkampfwochen eine „deutliche Überlagerung durch Bundesthemen“ gegeben, beklagte Vida.
In ersten Hochrechnungen hatten die Freien Wähler weniger als fünf Prozent der Stimmen erhalten.
Sendung: rbb24 Brandenburg Aktuell, 22.09.2024, 19:30 Uhr