Die Silvester-Bilanz der Berliner Polizei: Hunderte Menschen vorübergehend festgenommen, Polizisten verletzt. Explodierende Kugelbomben beschädigten Hausfassaden und machten Wohnungen unbewohnbar. Es gab mehrere Schwerstverletzte, in Brandenburg einen Toten.
- Dutzende Menschen durch Feuerwerk, mutmaßlich auch Kugelbomben, verletzt
- Häuserfassaden in Berlin beschädigt, 36 Wohnungen unbewohnbar
- Etwa 400 Personen zeitweise festgenommen, zahlreiche verletzte Einsatzkräfte
- Ein Toter und mehrere Schwerverletzte in Brandenburg
Die Berliner Polizei nahm während der Böllerei in der Silvesternacht mindestens 400 Menschen wegen unterschiedlicher Straftaten fest – etwa so viele wie vor einem Jahr. Etliche griffen Einsatzkräfte oder andere Menschen mit Pyrotechnik an, andere hatten illegale Waffen oder Böller dabei. Wieder andere fielen wegen Gewalttaten oder Brandstiftung auf. Die Polizei leitete 670 Strafverfahren ein.
37 Polizisten und eine Einsatzkraft der Feuerwehr seien verletzt worden, bilanzierten Innensenatorin Iris Spranger und die Berliner Polizei am Mittwoch. Zum Vergleich: Im Vorjahr hatten 54 Polizisten Verletzungen erlitten, darunter 34 Beamte der Einsatzhundertschaften und 20 Streifenpolizisten im Rahmen ihres normalen Dienstes.
Weitere Verstöße erfasste die Bundespolizei auf den Berliner Bahnhöfen, vor allem am Alexanderplatz, Gesundbrunnen, Hauptbahnhof, der Warschauer Straße und dem Ostkreuz, vor allem ging es um Schreckschusspistolen und Böller. Die Polizeibeamten nahmen 94 Personen in Gewahrsam. Die drei Böllerverbotszonen auf dem Alexanderplatz, in der Neuköllner Sonnenallee und dem Steinmetzkiez zeigten laut Berliner Polizei Wirkung, dort blieb es vergleichsweise ruhig.
Haus in Schöneberg stark von Kugelbombe beschädigt – Person festgenommen
In der Silvesternacht wurde ein Wohnhaus in Berlin-Schöneberg von einer Kugelbombe verwüstet. Auch umliegende Häuser waren betroffen, die Feuerwehr sprach von einem „Schlachtfeld“.mehr
Mehrere Schwerverletzte und ein Toter durch Kugelbomben
Ein Polizeibeamter wurde durch eine sogenannte Kugelbombe am Bein schwer verletzt, an der Ecke Prenzlauer Allee/Danziger Straße, wie es von der Polizei hieß. Er musste in einem Krankenhaus operiert werden. Solche für Laien illegalen Feuerwerkskörper mit ihrer hohen Explosionskraft richteten in der Neujahrsnacht schwere Schäden an. Nach Angaben der Feuerwehr wurden in Schöneberg an der Kreuzung von Hauptstraße, Vorbergstraße und Belziger Straße bei einer heftigen Detonation zahlreiche Häuserfassaden schwer beschädigt und viele Fensterscheiben zerstört, 36 Wohnungen seien vorerst unbewohnbar, fünf Personen wurden verletzt. Drei Verdächtige seien nach dieser Explosion festgenommen worden, so die Polizei.
Eine Kugelbombe explodierte laut Feuerwehr auch im Bottroper Weg im Stadtteil Tegel, hier inmitten einer Menschenmenge. Acht Menschen wurden nach Angaben des Sprechers verletzt, darunter zwei lebensbedrohlich. Unter den beiden Schwerstverletzten sei auch ein Kleinkind.
Im brandenburgischen Kremmen (Kreis Oberhavel) starb ein 21-Jähriger laut Polizei an den Verletzungen, die eine Kugelbombe beim Zünden angerichtet hatte. In Havelsee-Fohrde nahe der Stadt Brandenburg an der Havel sei ein 42-jähriger Mann bei der Explosion einer selbstgebauten Kugelbombe lebensgefährlich an Hand und Körper verletzt worden.
+++ Mindestens 25 Böller-Verletzte im Unfallkrankenhaus Berlin +++ Polizei in Potsdam mit Pyro, Steinen und Flaschen beworfen +++
Das neue Jahr ist da – nach einer Silvesternacht, die es in sich hatte: Es gab mehrere Schwerverletzte durch Böller, in Oberhavel einen Toten. Der Liveticker zum Jahreswechsel.mehr
Wegner: „Mit Kugelbomben auf Polizisten schießen, Einsatzkräfte angreifen – unfassbar“
„Für den weitaus überwiegenden Teil der Berlinerinnen und Berliner und der Gäste war es ein friedliches Silvester“, sagte die Berliner Innensenatorin Iris Spranger (SPD) am Mittwoch. „Dennoch kam es zu Straftaten, bei denen Unbeteiligte und Einsatzkräfte verletzt wurden. Ich verurteile diese Taten aufs Schärfste und erwarte, dass sie konsequent aufgearbeitet und strafrechtlich verfolgt werden.“ Solche Gewalt sei ein Angriff auf die gesamte Gesellschaft und werde in Berlin nicht toleriert.
Wie Spranger dankte auch Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) den 5.500 Einsatzkräften von Polizei, Feuerwehr und Rettungsdiensten. Sie hätten Schlimmeres verhindert. „Mit Kugelbomben auf Polizisten schießen, mit Pyrotechnik oder Steinen die Einsatz- und Rettungskräfte der Feuerwehr angreifen – unfassbar“, sagte Wegner. Man werde diese Angriffe auf die Einsatzkräfte „niemals hinnehmen und auch im Nachgang den Ermittlungsdruck hochhalten“, sagte Wegner.
Bilderstrecke
Nach der Silvesternacht wird in Berlin aufgeräumt
Bewohner in Teilen Berlins von Wasserversorgung abgeschnitten
Die Bewohner mehrerer Bezirke waren am Dienstagabend außerdem wegen eines Wasserrohrbruchs zeitweise von der Wasserversorgung abgeschnitten gewesen. Noch vor Mitternacht normalisierte sich die Lage allmählich wieder. Die Berliner Wasserbetriebe rechnen damit, dass es nach dem Wasserrohrbruch in der Seestraße zu längeren Bauarbeiten kommen wird.
Notruf zeitweise eingeschränkt
Der Notruf 112 war zwischen 1:30 Uhr und 3 Uhr nur eingeschränkt verfügbar. Wie der Sprecher der Berliner Feuerwehr, Vinzenz Kasch, rbb|24 am Mittwoch mitteilte, gab es eine technische Störung, aber keinen kompletten Ausfall des Notrufs. Dadurch sei es zu längeren Wartezeiten bei der 112 gekommen. Anrufer hätten den Hinweis erhalten, dass es zu Verzögerungen komme.
Die Störung sei wahrscheinlich auf die Vielzahl der Anrufe zurückzuführen, sagte Kasch weiter. Die genaue Ursache werde derzeit geprüft.
Weite Teile Berlins am Silvesterabend zeitweise ohne Wasser
Rohrbruch mit weitreichenden Folgen: Am Silvesterabend ist in weiten Teilen Berlins die Wasserversorgung ausgefallen. Grund war eine Havarie an einem 100 Jahre alten Versorgungsrohr in der Seestraße.mehr
Fast drei Feuerwehreinsätze pro Minute
Die Feuerwehr musste über den Jahreswechsel zwischen 19 Uhr und 6 Uhr zu 1.892 Einsätzen ausrücken – fast drei pro Minute. Das waren insgesamt 294 mehr als im Vorjahr. In 13 Fällen wurden Einsatz- und Rettungskräfte laut Feuerwehr angegriffen oder bei ihrer Arbeit behindert.
„Auffällig waren in diesem Silvester vermehrt Brände in Wohngebäuden mit gefährdeten Personen, die durch die Berliner Feuerwehr gerettet und versorgt wurden“, hieß es in einer Mitteilung. Außerdem sei die Feuerwehr zu zwei Einsätzen ausgerückt, bei denen es durch Pyrotechnik zu erheblichen Personen- und Gebäudeschäden gekommen sei.
Ein Großbrand ereignete sich in Kreuzberg in der Ritterstraße, wo ein ehemaliges Parkhaus nach Feuerwehrangaben „auf zwei Etagen in ganzer Ausdehnung“ brennt. Verletzt worden sei dort niemand. Mindestens 28 Autos brannten in der Nacht im Stadtgebiet, wie die Polizei mitteilte an zwei Stellen in Friedrichshain sowie in Gesundbrunnen, Staaken, Hakenfelde, Johannisthal und im Hansaviertel. Die Feuerwehr rückte jeweils an und löschte die Brände, es entstand hoher Sachschaden. Die Autos brannten völlig aus oder wurden stark beschädigt. Die Polizei ermittelt nun wegen mutmaßlicher Brandstiftung.
Deshalb sind Kugelbomben so gefährlich
Bei mehreren Explosionen in der Silvesternacht in Berlin und Brandenburg sollen Kugelbomben heftige Schäden an Häusern, schwere Verletzungen und den Tod eines Mannes verursacht haben. Die Feuerwerkskörper sind enorm gefährlich und nicht für Laien gedacht.mehr
Teils extreme Verletzungen in der Rettungsstelle, junger Mann wohl erblindet
Das Unfallkrankenhaus Berlin (UKB) meldete bis zum frühen Mittwochabend mindestens 25 Bölleropfer. Fünf von ihnen seien durch Kugelbomben schwer an Händen, Gesicht und Augen verletzt worden, darunter auch Kinder, sagte eine Kliniksprecherin. Ein junger Mann sei wohl komplett erblindet, andere Menschen zogen sich demnach Brandwunden zu oder erlitten einen Hörverlust.
„Die Anzahl der Patienten ist im Vergleich zu den Vorjahren eher durchschnittlich oder etwas unterdurchschnittlich. Die Schwere der Verletzungen ist aber ungewöhnlich“, erläuterte die Sprecherin. Sie sprach von extremen Verletzungen und „Zerreißungsfrakturen“ bei den Opfern aufgrund der großen Sprengkraft der illegalen Böller. „Ich glaube ganz bestimmt, dass das ein neuer Trend ist in diesem Jahr, den wir vorher noch nicht so kannten. Und dass denjenigen, die das anwenden überhaupt nicht klar ist, welche Auswirkungen das haben kann“, sagte die Klinikdirektorin dem rbb.
Autos und Rettungskräfte mit Pyrotechnik beschossen – Dutzende Festnahmen
In der Nacht auf Dienstag wurden an mehreren Orten in Berlin illegal Böller und Raketen gezündet. Vor allem in Neukölln und in Schöneberg wurde gezielt auf Autos geschossen. Die Polizei nahm Dutzende Personen vorübergehend fest.mehr
Feuerwehr in Potsdam verzeichnete mehr Einsätze als im Vorjahr
Bei der Potsdamer Feuerwehr war in einer Mitteilung am Mittwochmittag von „einer unruhigen Silvesternacht“ die Rede. Innerhalb von 24 Stunden wurde sie zu 138 Einsätzen gerufen, dies sei eine Steigerung von 50 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Vor allem musste sie demnach kleinere Brände löschen.
Einsatzkräfte der Polizei wurden im Stadtteil Babelsberg aus einer größeren Menschenansammlung in der Silvesternacht heraus angegriffen. Etwa 100 Personen versammelten sich, wie ein Sprecher des Polizeipräsidiums Brandenburg dem rbb sagte.
Aus der Gruppe heraus wurden demnach Beamte mit Flaschen, Steinen und Pyrotechnik beworfen. Ein Polizist sei dabei leicht verletzt worden. Zwei Personen aus dieser Gruppe wurden den Angaben zufolge in Gewahrsam genommen. Der 19-Jährige und der 25-Jährige seien am Morgen wieder entlassen worden. Gegen sie werde nun wegen Landfriedensbruchs ermittelt. In Rhinow (Havelland) seien zwei Menschen durch Böller schwer im Gesicht verletzt worden.
Sendung: rbb24 Inforadio, 01.01.2025, 6:00 Uhr
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