Boomende Games-Branche: Gaming-Gold mit viel Wachstumspotenzial

Boomende Games-Branche: Gaming-Gold mit viel Wachstumspotenzial

Stand: 10. Mai 2024 8:26 Uhr

Das Geschäft mit Videospielen, egal ob auf Mobiltelefonen, Konsolen oder PCs, boomt seit der Corona-Pandemie. Allerdings spielt die deutsche Entwicklerszene international nur eine geringe Rolle.

40 Millionen US-Dollar Gesamtpreisgeld – das gingen an die besten Gamer des bisher höchstdotierten eSports-Turniers der Welt. Während vor einigen Jahren noch Millionengewinne bei Videospielturnieren das Publikum schockierten, sind Preisgelder im sieben- oder sogar achtstelligen Bereich heute keine Seltenheit mehr.

Gaming ist weltweit ein Milliardenmarkt. Der Umsatz der Branche in Deutschland wächst seit Jahren stark und erreichte zuletzt rund zehn Milliarden Euro mit Spielen, Hardware und Dienstleistungen. Das zeigen Zahlen des Games-Branchenverbandes: ein Plus von sechs Prozent. Und das, obwohl die Zahl der verkauften Spiele tatsächlich zurückgegangen ist. Doch das wird wettgemacht – auch dadurch, dass Spiele in den letzten Jahren teurer geworden sind.

Der letztjährige Umsatz mit Spielekonsolen und Zubehör dürfte dadurch in die Höhe getrieben worden sein, dass viele Leute Nachholbedarf hatten. Denn während der Pandemie kamen aufgrund von Produktions- und Lieferschwierigkeiten viel zu wenige Geräte in die Läden. Beispielsweise waren beliebte Spielekonsolen wie die Playstation 5 erst nach langer Wartezeit wieder ausreichend verfügbar.

Deutsche Entwickler haben wenig Erfolg

Deutschland ist der größte Computerspielemarkt in Europa. International ist es jedoch eher unbedeutend, da internationale Hersteller auch den heimischen Markt dominieren: Weniger als fünf Prozent des deutschlandweiten Umsatzes mit Computerspielen gehen an deutsche Entwickler.

„Wir haben eine Gaming-Industrie, eine Gaming-Welt. Es gibt einen Cluster in Berlin, Hamburg und auch München, aber wir sind sehr mittelgroß“, sagt Analyst Mirko Maier von der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW), der über große Branchen- und KI-Kenntnisse verfügt. „Microsoft ist einer der größten Player auf dem Gaming-Markt. Und dann gibt es noch andere Player wie Tencent in China, die bei mobilen Spielen sehr stark sind.“

Deutschland spielt international nur eine verschwindend geringe Rolle

Die USA, China, Großbritannien und Kanada sind im Vergleich zu Deutschland Giganten auf dem Gaming-Markt. Und das wissen auch die Unternehmen, die Spiele entwickeln. Die deutsche Games-Branche befürchtet, aufgrund fehlender staatlicher Unterstützung im internationalen Vergleich noch weiter ins Hintertreffen zu geraten.

Auch die Finanzierungssituation könne verbessert werden, sagt Maier. „Die kleinen Unternehmen, die eine tolle Spielidee haben, gehen ein hohes Risiko ein – ob das Spiel Erfolg hat oder ob es ein Flop wird.“ Der Analyst ist der Ansicht, dass dies ein wenig unterstützt werden muss.

Politisch zeigen die Zeichen jedoch in die entgegengesetzte Richtung. Die Bundesmittel für die Glücksspielbranche sind mittlerweile kleiner geworden. Zu diesem Zweck will das Wirtschaftsministerium die Förderung kleinerer Computerspielentwicklungen einstellen. „So können wir international nicht konkurrieren“, schreibt der Branchenverband Game auf der eigenen Website.

An der Gaming-Branche führt kein Weg vorbei

Doch Gaming ist längst nicht mehr nur eine Freizeitbeschäftigung. Lutz Anderie ist Experte in der Gaming-Branche und lehrt Wirtschaftsinformatik an der Frankfurt University of Applied Sciences. Er sagt, Gaming sei ein Indikator für andere Branchen.

„Was man heute in der Games-Branche sieht, wird man morgen in konkreten Anwendungen in anderen Branchen sehen. Chirurgen werden heute mit Virtual und Augmented Reality geschult.“ Anderie ist überzeugt, dass Unternehmen die Gaming-Branche nicht länger ignorieren können. Jüngere Zielgruppen können über den klassischen Einzelhandel oder E-Commerce nicht mehr erreicht werden.

Besonders interessant ist die Entwicklung von Spielen, die kostenlos heruntergeladen werden können. „Die Monetarisierung, also der wirtschaftliche Erfolg, wird dann durch den Verkauf sogenannter In-Game-Items realisiert“, sagt Anderie. Das bedeutet, dass immer mehr Käufe innerhalb der Spiele getätigt werden. Wer also konkurrenzfähig sein will, muss in vielen Spielen echtes Geld ausgeben, um bessere Ausrüstung oder Spieler zu kaufen. Und das geschieht oft über eine virtuelle Schatztruhe – sogenannte Lootboxen: Ein Klick, bezahlen und schon öffnet sich die Box. Nur dann wissen Sie, wofür Sie Ihr Geld ausgegeben haben.

Lootboxen sind umstritten

Diese Boxen sind ein kontroverses Thema. Manchmal geben Spieler mehrere tausend Euro aus, um bessere Tools, Spieler oder Levels zu bekommen. Im Extremfall kann dies sogar zu einer Spielsucht führen. Allerdings ist es rechtlich und politisch umstritten, ob es sich bei Lootboxen wirklich um Glücksspiel handelt oder nicht. Verbraucherschützer und Experten warnen schon seit Längerem vor der Gefahr von Lootboxen; Es geht um den Schutz junger Menschen.

In Deutschland gelten virtuelle Schatztruhen offiziell nicht als Glücksspiel, da sie den Spielern im Gegensatz zu anderen Spielen, etwa der Lotterie, am Ende keinen größeren Geldbetrag einbringen können. Für das Geld bekommt man im Spiel Ausrüstung. Über die Interpretation gibt es jedoch auch Streit, da ein Großteil des Inhalts dieser Boxen auf dem Schwarzmarkt gehandelt wird, wo teilweise erhebliche Summen gezahlt werden. Deutschlands Nachbarland Belgien hat längst reagiert – Lootboxen gelten dort seit 2018 als illegales Glücksspiel.

Lernen Sie von der Spielebranche

Gaming-Experte Anderie sagt, dass grundsätzlich viele Bereiche von der Gaming-Branche lernen könnten. Die Rede ist vom Nutzerverhalten. „Wann trifft der Käufer oder Gamer eine Entscheidung über ein Produkt und was passiert im Kaufentscheidungsprozess?“ Die Erkenntnisse könnten beispielsweise auch im Einzelhandel zum Einsatz kommen, sagt Anderie. „Große Supermarktketten beispielsweise haben diesen Markt längst für sich entdeckt und engagieren sich als Sponsor von Computerspielturnieren oder Gaming-Teams.“

Die Gaming-Branche gehörte zu den Gewinnern der Corona-Pandemie. Mittlerweile ist der Hype allerdings etwas abgeflaut, wie die aktuellen Verkaufszahlen für Spiele und Hardware zeigen. Investoren halten sich weiterhin zurück, Projekte werden abgesagt, Entwicklungsstudios geschlossen und Mitarbeiter entlassen. Die Entwicklung neuer Spiele erfordert Personal, Geld und Zeit. Fans befürchten, dass es in naher Zukunft möglicherweise keine großen Blockbuster im Gaming-Bereich geben wird.

Melanie Böff, HR, tagesschau, 8. Mai 2024 14:51 Uhr

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