Pandemie, Inflation, Kriege und Wahlkampf: Wenn die vergangenen Jahre eines gezeigt haben, dann ist es die Tatsache, dass viele Dinge nicht vorhersehbar sind – Dinge, die großen Einfluss auf die Finanzmärkte haben können. Und momentan sieht es nicht so aus, als würde die Welt ihr Tempo verringern.
„In Politik und Wirtschaft haben wir unruhige Zeiten. Ich gehe davon aus, dass das auch für die Börse gilt“, prognostiziert Claudia Müller, Gründerin und CEO des Female Finance Forums. Aber die ehemalige Bundesbänkerin weiß auch: „Volatile Zeiten können gute Einstiegschancen bringen, denn langfristig kommt es nicht auf den perfekten Zeitpunkt, sondern auf die Zeitdauer Ihrer Investments an.“ Aber womit können Anlegerinnen und Anleger für 2025 in etwa rechnen?
Einfluss der Zentralbanken auf die Finanzmärkte
„Die Zentralbanken bleiben Schlüsselfaktoren“, sagt Investmentexperte Stephan Witt vom Vermögensverwalter Finum Private Finance. „Während die amerikanische Fed möglicherweise einen moderaten Kurswechsel hin zu einer stabilen Zinspolitik anstrebt, dürfte die EZB weiterhin versuchen, Inflation und Wachstum in Balance zu halten.“
Was bedeutet das für Privatinvestoren? „Bis Ende 2025 rechne ich mit einer schrittweisen Senkung der Zinsen, was die Aktienmärkte stärkt und für weiteres Wachstum sorgt“, sagt Claudia Müller.
Neuwahlen in den USA und Deutschland und geopolitische Risiken
Zwei neue Regierungen nehmen Anfang 2025 ihre Arbeit auf. Während der Einfluss der neuen Bundesregierung auf die Finanzmärkte von Experten als gering eingeschätzt wird, gehen vom 47. Präsidenten der USA, Donald Trump, andere Risiken aus.
Karl Huber, Leiter Portfoliomanagement bei der Vermögenskultur AG, meint: „Trump wird die Interessen Amerikas insbesondere gegenüber China und Europa stärker in den Vordergrund stellen. Vor allem Deutschland trifft das zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt wirtschaftlicher Schwäche und politischer Unsicherheit.“ So könnten etwa Zollerhöhungen zu steigender Inflation führen.
Kriege und Konflikte haben einen direkten Einfluss auf die Finanzmärkte. Insbesondere Handelsbarrieren zwischen den USA und China könnten das Wirtschaftswachstum beeinträchtigen und auf die Börsenkurse drücken, mutmaßt Müller. Gleiches gilt für den andauernden russischen Angriffskrieg in der Ukraine und den schwelenden Konflikt zwischen China und Taiwan.
Wie sind die Prognosen der Experten?
Nach Einschätzung von Experten haben sich die Aussichten für Europas Unternehmen mit der erneuten Wahl von Trump eingetrübt. Ihre Wettbewerbsposition dürfte nicht nur unter höheren US-Zöllen leiden, sagt LBBW-Stratege Berndt Fernow. „Sie drohen auch, im sich verschärfenden Handelskonflikt zwischen den USA und China zwischen die Fronten zu geraten.“ Die dadurch ausgelöste Unsicherheit dürfte an den europäischen Märkten für ein schwieriges erstes Halbjahr sorgen.
Die Prognosen im Einzelnen bis Dezember 2025 für den DAX:
- BayernLB: 20.500 Punkte
- Berenberg Bank: 22.000 Punkte
- Deka: 21.800 Punkte
- Deutsche Bank: 20.500 Punkte
- Donner & Reuschel: 22.000 Punkte
- DZ Bank: 21.500 Punkte
- Hauck Aufhäuser Lampe: 21.500 Punkte
- Helaba: 20.500 Punkte
- LBBW: 20.000 Punkte
- M.M. Warburg: 21.000 Punkte
- Nord/LB: 22.000 Punkte
- UniCredit: 21.000 Punkte
Anders ist die Situation dagegen an der Wall Street, da die US-Konzerne von möglichen Steuersenkungen und der Zollpolitik Trumps profitieren sollten. „Bei einer ‚America First‘-Politik fällt es schwer, US-Aktien auszulassen“, meint Werner Krämer, Volkswirt bei Lazard Asset Management. Entsprechend sei der Ausblick für US-Aktien weiterhin sehr positiv, insbesondere für Small und Mid Caps. Der Dow-Jones-Index gewann 2024 13,5 Prozent, der S&P 500 rund 25 Prozent und der Nasdaq-Composite mehr als 30 Prozent.
Die erwarteten Zinssenkungen der großen Notenbanken dürften die Anleihenmärkte stützen, sagen die Experten von Allianz Global Investors. Zu möglichen Verwerfungen könnte es kommen, wenn die Inflation wieder aufflamme und Zinssenkungen erst später erfolgten. Anleger fürchten, dass die angekündigten Strafzölle die US-Teuerung 2025 wieder nach oben treiben könnte. Laut Hauke Siemßen von der Commerzbank dürften sich die zehnjährigen Bundrenditen 2025 in einer Spanne zwischen zwei und 2,5 Prozent bewegen – zuerst eher am unteren Ende der Spanne, danach höher. Denn: Steigen die Anleihenkurse, sinken die Renditen – und umgekehrt. Aktuell liegt die Verzinsung zehnjähriger Bundespapiere bei rund 2,2 Prozent.
Absicherung im Portfolio: Anleihen und Edelmetalle
Was bedeutet das fürs Depot? Wie sollte dieses ausgerichtet sein, um möglichst krisensicher zu sein? „Generell gilt, dass Aktien weiterhin das größere Wachstumspotenzial bieten, während Anleihen in einem diversifizierten Portfolio als stabilisierende Komponente dienen können“, sagt Portfoliomanager Michael Wittek von der Albrecht, Kitta & Co. Vermögensverwaltung.
Auch Claudia Müller rät zu Anleihen in einem ausgeglichenen Portfolio, weil diese nicht nur Stabilität, sondern auch Liquidität bringen. Karl Hubers Tipp: Solche mit Laufzeiten von einem bis zu fünf Jahren wählen.
Die erwarteten Zinssenkungen der großen Notenbanken dürften laut der Experten von Allianz Global Investors die Anleihenmärkte stützen. Zu möglichen Verwerfungen könnte es kommen, wenn die Inflation wieder aufflamme und Zinssenkungen erst später erfolgten. Anleger fürchten, dass die angekündigten Strafzölle die US-Teuerung 2025 wieder nach oben treiben könnte. Laut Siemßen von der Commerzbank dürften sich die zehnjährigen Bundrenditen 2025 in einer Spanne zwischen zwei und 2,5 Prozent bewegen – zuerst eher am unteren Ende der Spanne, danach höher. Denn: Steigen die Anleihenkurse, sinken die Renditen – und umgekehrt. Aktuell liegt die Verzinsung zehnjähriger Bundespapiere bei rund 2,2 Prozent.
Auch Gold ist für Claudia Müller ein sicherer Hafen, sollte jedoch keinen zu großen Anteil am Gesamtvermögen ausmachen: „Bleiben Sie bei maximal zehn Prozent Gold im Portfolio.“ Die Analysten der LBBW rechnen bis Ende 2025 allerdings damit, dass der Goldpreis auf 2400 Dollar je Feinunze zurückfällt.
Märkte und Regionen: Wo ist Wachstum zu erwarten?
Doch der Jahreswechsel bietet auch Grund für Optimismus. Stephan Witt liefert einen ersten Überblick: „Indien und Südostasien wachsen, angetrieben durch die junge Bevölkerung und technologischen Fortschritt.“ Auch die US-Märkte blieben seiner Einschätzung nach innovativ und in Europa böten sich durch grüne Technologien und den Fokus der Automobilindustrie auf Elektromobilität neue Chancen.
Karl Huber vermutet dagegen, dass sich in Asien und Afrika neue Konsumtrends abzeichnen. In seinem Unternehmen wird aber auch auf US-Aktien gesetzt, unter anderem auf die Unternehmen des S&P 500 – also die 500 größten börsennotierten Unternehmen der USA. Als Tipp nennt Huber japanische Aktien zur Diversifikation: „Denn sowohl der Staat als auch die Börse fördern eine stärkere Aktionärsorientierung der Unternehmen.“
Bei europäischen Aktien sieht er Chancen auf Schnäppchen: Für ihn seien kleine und mittelgroße Unternehmen weiterhin attraktiv, da sie innovativ und teilweise Weltmarktführer in ihrer Nische seien. Sein Bewertungsmodell zeige im langfristigen Vergleich eine deutliche Unterbewertung.
Branchen und Sektoren: Welche Innovationen klingen vielversprechend?
„Wieder einmal werden Technologietitel eine wichtige Rolle spielen“, sagt Portfoliomanager Michael Wittek. Schlüsseltrend sei KI, aber auch grüne Energien. Stephan Witt setzt ebenfalls auf KI, aber auch auf Cloud Computing und Cybersecurity als Wachstumstreiber. Er sagt: „Der Ausbau von Wind-, Solar- und Wasserstoffprojekten sorgt für Nachfrage. Alternde Bevölkerungen und Fortschritte in der Biotechnologie machen den Sektor attraktiv.“
Bei erfahrenen oder risikofreudigen Anlegern werden 2025 auch Kryptowährungen nicht im Portfolio fehlen. Sie haben in den vergangenen Wochen einen beeindruckenden Aufwärtstrend hingelegt – nicht zuletzt durch die Wahl des Krypto-Sympathisanten Donald Trump. Allerdings sollten sie nicht die Grundlage der Investitionsstrategie bilden, sondern eher als Beimischung dienen. Denn eine Sache sollte für Anlegerinnen und Anleger ganz klar sein: „Kryptos haben eine Volatilität wie die Gewinne und Verluste in einer Spielbank“, sagt der Gründer der Frankfurter Vermögen AG Uwe Eilers.
KI: Das Trendthema 2025
„Die KI-Entwicklung wird zu einer Revolution“, sagt Michael Wittek. Industrien und Unternehmen, die diese Technologie erfolgreich nutzen, würden überdurchschnittlich wachsen können. Wer frühzeitig investiert, könnte von langfristigem Wachstum profitieren.
Auch Karl Huber sieht langfristig Potenzial in Künstlicher Intelligenz. „Analysten schätzen, dass die großen US-Big-Techs 2025 zusammen ein Investitionsbudget von rund 200 Milliarden US-Dollar haben.“ Sie dürften einen großen Teil dieser Summen in neue Rechenzentren investieren, wodurch Unternehmen aus diesem Bereich profitieren könnten.
Bei der Auswahl der Titel sollten Anlegerinnen und Anleger aber genau hinsehen. Uwe Eilers zufolge war das Thema KI schon 2024 in aller Munde, wodurch fast alle Aktien der Branche nach oben katapultiert wurden und vielfach überteuert sind.
„Anleger sollten auf langfristige Perspektiven achten und nicht ausschließlich auf Hypes reagieren“, rät Stephan Witt. Auch Claudia Müller empfiehlt: „Langfristig orientierte Anleger sollten keinen Trends folgen, sondern breit diversifiziert investieren.“ Wer KI aber dennoch spannend findet und von möglichen Wachstumsentwicklungen profitieren möchte, kann zumindest geringe Anteile seines breit diversifizierten Portfolios in solche Titel stecken.
Eine Strategie, die sich auch 2025 nicht ändert
Grundsätzlich gilt: „Eine breite Streuung über verschiedene Anlageklassen und Regionen bleibt entscheidend, um Risiken zu minimieren“, sagt Müller. Dafür bieten ETF eine kostengünstige Möglichkeit und sollten Teil eines ausgewogenen Portfolios sein.
Gerrit Fey, Leiter Fachbereich Kapitalmärkte des Deutschen Aktieninstituts, rät zudem, langfristig und kontinuierlich zu investieren. „Schon ein monatlicher Anlagebetrag ab 25 Euro ist ein Anfang.“ Immerhin habe, wer vor 20 Jahren in den DAX investiert habe, rückblickend im Schnitt eine jährliche Rendite von um die acht Prozent erzielen können.
Und für Anfänger wie Profis gilt der Tipp von Stephan Witt gleichermaßen: „Bilden Sie sich kontinuierlich weiter, um informierte Entscheidungen zu treffen.“