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Berliner „Tatort“ im Schnellcheck: Ein Königreich für einen Pass

Berliner „Tatort“ im Schnellcheck


Ein Königreich für einen Pass

Von Julian Vetten

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Je rauer die Stadt, desto freundlicher die Kommissare: Corinna Harfouch und Mark Waschke überraschen in ihrem neuesten Fall mit einer neuen Herzlichkeit zueinander. Wer es in Berlin typisch düster und ernst mag, kommt im „Erika Mustermann“ trotzdem auf seine Kosten.

Was geschieht?

Enge Lieferfristen, jede Minute neue Bestellungen, waghalsige Manöver im Berliner Verkehrschaos: Als ein Fahrradkurier des Lieferdienstes von einem Auto überfahren wird, wundert sich zunächst niemand. Die Ermittler Bonard (Corinna Harfouch) und Karow (Mark Waschke) vermuten, dass hinter der Tat mehr als „nur“ ein Unfall mit Fahrerflucht steckt, als sie feststellen, dass der Rucksack des Opfers am Tatort fehlt. Ihr Instinkt erweist sich als richtig, denn der Tote ist nicht der, der er laut Ausweis sein sollte.

Stattdessen stießen die Berliner Ermittler auf zwei weitere Männer, die unter demselben Namen für denselben Lieferdienst fuhren und mit dem Toten eine Wohnung teilten. Alle drei stammen ursprünglich aus Venezuela, haben keine gültigen Aufenthaltsdokumente und leben und arbeiten unter falschen Namen in Berlin. Und das Opfer selbst hatte eine Beziehung mit einer älteren Frau: Annika Haupt (Annett Sawallisch) ist Sicherheitsmitarbeiterin bei der Bundesdruckerei. Bonard und Karow vermuten einen Zusammenhang, doch von der Bundesdruckerei fehlt nichts. Die Sicherheitsmaßnahmen machen jeden Diebstahl unmöglich. Nach und nach gelingt es den Kommissaren, einen größeren Plan aufzudecken, der bis in die Slums von Caracas reicht.

Worum geht es wirklich?

Inspektor Bonard (Corinna Harfouch) befragt einen Kollegen des ermordeten Lieferfahrers.

(Foto: rbb/Zhivago/Hardy Spitz)

Der Berliner „Tatort“ nutzt erneut seinen Standortvorteil, um mehrere aktuelle Themen ins Rampenlicht zu rücken: Erstens die prekäre Situation der Lieferdienst-Radfahrer, die (scheinbar) selbstständig und aus dem Straßenbild nicht mehr wegzudenken sind. Auf der anderen Seite stehen die Unzulänglichkeiten der deutschen Flüchtlingspolitik, die Flüchtlinge aus dem autokratischen Venezuela – stellvertretend für viele andere Länder – pauschal als Wirtschaftsflüchtlinge abstempelt und sie damit in die Illegalität drängt.

Moment wegzappen?

Gibt es eigentlich nicht. Der vielleicht erschreckendste Moment ist, als Bonard an Karows Arm schnüffelt und dem erstaunten Inspektor erklärt: „Alles gut, du riechst nur ein bisschen wie ein Baby.“

Wow-Faktor?

Dass es unter den Ermittlern im sonst so ernsten und düsteren Berliner „Tatort“ inzwischen so freundschaftlich zugeht: Neben der Babyszene gibt es auch eine, in der Bonard den schlafenden Karow deckt. Regisseur Torsten Fischer: „Belastet durch die politischen Entwicklungen unserer aktuellen Zeit haben Mark Waschke, Corinna Harfouch und ich uns dieses Mal entschieden, Konflikte nicht miteinander auszuspielen, sondern vielmehr Respekt und sogar Freundlichkeit im Umgang miteinander zu zeigen.“

Wie war es?

8 von 10 Punkten. „Erika Mustermann“ ist ein über weite Strecken gelungener Politthriller, über dessen Längen dazwischen leicht hinweggegangen wird.

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