Außenministerin Annalena Baerbock (44, Grüne) in der Hölle von Damaskus!
Am Morgen traf die Ministerin zu einem überraschenden Besuch in Syriens Hauptstadt ein – und besichtigte dort auch das berüchtigte Foltergefängnis Saidnaja.
Gemeinsam mit ihrem französischen Amtskollegen Jean-Noël Barrot (41) ließ sich die Ministerin von Vertretern der syrischen Zivilschutzorganisation Weißhelme über die Zustände in dem Gefängnis informieren.
► Saidnaja gilt als der wohl berüchtigtste Militärknast aus der Zeit des Langzeitmachthabers Baschar al-Assad (59). Im Volksmund wurde es nur das „Schlachthaus“ genannt. Seit 2011 haben Menschenrechtler dort systematische Massenhinrichtungen, Folter und das Verschwinden von Tausenden Gefangenen dokumentiert.
„Grausamkeit kannte keine Grenzen“
Hinrichtungen und Folter (auch von Tausenden Zivilisten) wurden schon zur Regierungszeit von Hafis al-Assad dokumentiert, der im Jahr 2000 starb. Vater und Sohn regierten Syrien mit eiserner Faust mehr als 50 Jahre lang.
BILD konnte sich bereits vor knapp drei Wochen, kurz nach dem Umsturz in Syrien, eine Vorstellung von den furchtbaren Verbrechen in dem Folterknast machen.
„Die Folterknechte waren nicht wählerisch“, sagte Dr. Yaser Darkazanly (24), der die schwerst misshandelten Leichen untersucht, zu BILD. „Eine ihrer Methoden war es, Menschen zu Tode zu quetschen.“
Die Leichen von toten Gefangenen wurden außerdem mit Stahplatten zusammengepresst, um Platz zu schaffen. Darkazanly: „Sie haben Köpfe mit Kettensägen gespalten und Menschen mit Elektrozangen die Haut rechteckig vom Leib gezogen. Die Grausamkeit kannte keine Grenzen.“
Baerbock spricht von „Höllengefängnis“
„Wenn ich heute hier sehe, was die Menschen in dieser Hölle, in diesem Höllengefängnis, durchgemacht haben, dann wird deutlich, wie wichtig Ihre Arbeit war“, sagte Baerbock nach dem Besuch in dem Gefängnis an die Weißhelme gewandt. Es sei wichtig gewesen, „auf die Stimmen der freien Menschen in Syrien zu hören“, etwa auf die Weißhelme.
Hintergrund: Die Weißhelme sind eine syrische Zivilschutzorganisation, die 2013 nach Beginn des Bürgerkriegs von Freiwilligen gegründet wurde und seit 2016 auch von Deutschland unterstützt wird. Die rund 3000 Freiwilligen halfen unter anderem nach Luftangriffen dabei, Opfer zu bergen, waren aber auch nach den verheerenden Erdbeben in Syrien und der Türkei 2023 im Einsatz.
Erstes Gespräch mit Islamisten-Chef
Der Chef der Miliz Hajat Tahrir al-Scham (HTS), Ahmed al-Scharaa, empfing Baerbock und ihren französischen Amtskollegen am Nachmittag im Präsidentenpalast in Damaskus. Es ist das erste Treffen mit hochrangigen westlichen Politikern seit der Machtübernahme durch die Islamisten.
Baerbock sagte im Vorfeld, es könne nur dann einen „Neuanfang“ geben, wenn die neue syrische Gesellschaft allen Menschen, unabhängig von ihrer ethnischen oder religiösen Zugehörigkeit, „einen Platz im politischen Prozess“ sowie Rechte und Schutz gewährt.
Erwartet wurde, dass Baerbock mit den neuen Machthabern auch das Thema freiwillige Rückkehr von Flüchtlingen aus Deutschland bespricht.