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Baerbock in Moldawien: „Jeden Tag für den Frieden in der Ukraine arbeiten“

Baerbock in Moldawien: „Jeden Tag für den Frieden in der Ukraine arbeiten“

Stand: 17.09.2024 15:19

Die innenpolitische Debatte um Friedensgespräche ist auch bei Außenministerin Baerbock angekommen. Bei einer Konferenz in Moldawien betonte sie, die deutsche Regierung setze sich jeden Tag für den Frieden ein – nur Putin wolle ihn nicht.

Die Ergebnisse der Landtagswahlen in Thüringen und Sachsen werfen ihre Schatten bis nach Chisinau. In der Republik Moldau macht Außenministerin Annalena Baerbock – sonst eine lautstarke Befürworterin von Waffenlieferungen – deutlich, wie wichtig ihr der Frieden für die Ukraine ist: „Jeden Tag der letzten zweieinhalb Jahre haben wir nichts anderes getan, als für den Frieden zu arbeiten.“ Die 43-jährige Grünen-Politikerin schlägt andere Töne an und betont Verhandlungsbemühungen von Deutschland, internationalen Akteuren und neutralen Staaten.

Baerbocks Äußerungen zeigen, wie sehr sich die Debatte daheim verändert hat. Beschimpfungen als „Kriegstreiberin“ dürften sie weniger beeinflusst haben als die desaströsen Wahlergebnisse der Ampelparteien Grüne, FDP und SPD in Sachsen und Thüringen. Die medial ständig präsente Sahra Wagenknecht hat ihren neugegründeten BSW zu einer entscheidenden politischen Kraft gemacht – mit dem Narrativ, die Bundesregierung tue diplomatisch zu wenig, um den Krieg in der Ukraine zu lösen.

Innenpolitik weit weg

Deutschlands Chefdiplomatin muss dies als Angriff auf ihre Politik empfinden. Doch trotz des rhetorischen Wandels bleibt Baerbock im Wesentlichen ihrer Linie treu und ist überzeugt, auf dem richtigen Weg zu sein.

Der russische Präsident habe auf alle diplomatischen Versuche immer wieder mit mehr Gewalt reagiert, sagt Baerbock – und erinnert an die Verbrechen in Bucha und Irpin oder die Bombardierung eines Kinderkrankenhauses in Kiew mit zwei Toten und mehr als 30 Verletzten. „Der Angriff auf das Kinderkrankenhaus war Putins Antwort auf Selenskyjs Einladung an Putin zur Friedenskonferenz“, sagt die Grünen-Politikerin. „Die brutale Realität ist: Wenn Putin nicht bereit ist, endlich den Weg zum Frieden zu gehen, werden in der Ukraine weiterhin täglich Menschen sterben.“

Für die Sorgen und Ängste der Menschen im sächsischen Pirna oder im thüringischen Greiz zeigt sie wenig Empathie. Sie denkt an die Ukrainer, die unter russischen Bombenangriffen leiden, an Frauen und Kinder, die von russischen Raketen getötet werden, oder an ukrainische Städte, die von einer vorrückenden russischen Armee in der Ostukraine in Schutt und Asche gelegt werden – und heute auch an die Moldauer, von denen die Mehrheit in die EU will. Innenpolitik liegt Baerbock fern.

„Ich bin Außenministerin“, würde sie sagen – und heute kündigte sie weitere zivile Unterstützung für die Ukraine an. Das Auswärtige Amt will der Ukraine 100 Millionen Euro als Energiehilfe für den Winter geben. Dabei könne es sich um Generatoren, Ersatzteile für Kraftwerke oder ähnliches handeln. Russland zerstöre gezielt Kraftwerke und Umspannwerke. Baerbock sagt: „Russlands hybrider Krieg bedeutet einen Winterkrieg mit dem Ziel, das Leben der Menschen in der Ukraine so schrecklich wie möglich zu machen.“

Vierte Reise nach Moldawien

An diesem Morgen steht die Ministerin vor dem großen Palast der Republik, einem Bau aus Sowjetzeiten. Selten bekommt ein kleines Land so viel Aufmerksamkeit der deutschen Diplomatie wie die Republik Moldau in den letzten zweieinhalb Jahren. Es ist Baerbocks vierte Reise in das ärmste Land Europas, eingeklemmt zwischen dem EU-Staat Rumänien und der Ukraine. Russlands Krieg gegen die Ukraine ist Moldaus größte Bedrohung, aber derzeit auch eine echte Chance für Entwicklung.

„Was Sie geleistet haben, ist unglaublich“, lobte Baerbock Moldawiens Präsidentin Maia Sandu. Sie sei mutig gewesen, sie habe Russlands Krieg getrotzt und so eine Spaltung der moldawischen Gesellschaft verhindert. Sandu mahnte: „Wir befinden uns in einem Wettlauf gegen die Zeit.“ Die internationale Hilfe müsse schneller und flexibler werden. „Seien Sie mutig und innovativ“, sagte sie vor den Vertretern von 65 Delegationen in der moldawischen Hauptstadt. Der Wirtschaft gehe es schlecht, Reformen im Staat seien dringend nötig.

Es wird deutlich, wie viel Deutschlands Außenminister von der moldawischen Präsidentin Maia Sandu hält – nicht zuletzt, weil sie ebenfalls eine Frau ist und Baerbock eine Verfechterin einer feministischen Außenpolitik. Sandu sei eine der stärksten weiblichen Führungspersönlichkeiten, sie habe eine besondere „weibliche Resilienz“ gezeigt. Und dann folgt so etwas wie Eigenlob: „In dem Moment, als Putin Moldawien spalten und destabilisieren wollte, haben wir nicht nur Solidarität gezeigt, sondern die Perspektive eines EU-Beitritts eröffnet.“ Seit Juni laufen die EU-Beitrittsgespräche mit der Republik Moldau. Auch Baerbock sieht darin ihre Leistung.

So stattet Deutschland Moldawien etwa mit Drohnen zur Grenzsicherung aus, berät Behörden in Rechtsstaatsfragen und unterstützt das 2,5-Millionen-Einwohner-Land im Bereich Cybersicherheit.

„Nicht überzeugt, dass Putin wirklich Frieden will“

Maia Sandu, seit 2020 Präsidentin der Republik Moldau, könnte Unterstützung gut gebrauchen. Sie ist im Wahlkampf. In einem Monat finden Präsidentschaftswahlen statt, gleichzeitig soll ein Referendum abgehalten werden, um den EU-Kurs des Landes in die Verfassung zu schreiben. Doch es ist nicht alles gut. „Wenn Russland die Schwarzmeerküste bis nach Moldau kontrolliert, dann wird Moldau definitiv ein russischer Satellitenstaat. Denn niemand, nicht die EU, nicht Rumänien, wird uns retten“, erklärt Vladislav Kulminski, ein ehemaliger Politiker und heute Experte am moldawischen Institut für strategische Initiativen (IPIS). „Moldaus Schicksal hängt ganz davon ab, wie der Krieg in der Ukraine ausgeht.“

Und am Ende müsse es einen dauerhaften Frieden für die Ukraine geben, sagt Rumäniens Außenministerin Luminița Odobescu. Vor Verhandlungen mit Russland müssten dessen Vorschläge genau geprüft werden. „Wir sind nicht davon überzeugt, dass Putin wirklich Frieden will.“ Baerbock nickt wohl innerlich.

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