Auch die ukrainische Hauptstadt gerät wieder zunehmend ins Visier Russlands. Nach Angaben des ukrainischen Militärs wurden in der Nacht rund 50 im Iran hergestellte Drohnen abgeschossen – sie waren auf dem Weg nach Kiew. Es ist Baerbocks achter Besuch im Kriegsgebiet seit Beginn der Invasion im Februar 2022. „Putin will mit seinem Zermürbungskrieg das Volk der Ukraine brechen und es mit jedem Angriff in die Knie zwingen.“ Indem wir sie genau dort abholen, wo ihr normales Leben sein sollte: zu Hause, am Arbeitsplatz, in der Schule“, erklärte der Außenminister.
Und sie erneuerte das Mantra der Verbündeten: Sie werden die Ukraine so lange wie nötig unterstützen, bis sie ihren Weg zu einem gerechten Frieden verfolgen kann.
Deutschland ist Teil einer Initiative westlicher Länder, mehr Luftverteidigungssysteme für die Ukraine zu organisieren. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj setzt sich seit Monaten für mehr Waffen mit größerer Reichweite für sein Land ein. Bisher verliefen die Lieferungen langsam. Deutschland ist nach den USA einer der größten Waffenlieferanten der Ukraine. Die Geldversorgung ist jedoch gewährleistet.
NATO-Chef Rutte bei seinem Antrittsbesuch in Berlin
Baerbock bestätigte, dass die Zusage der G7-Staaten vom Sommer, die Ukraine mit einem Kredit von bis zu 50 Milliarden US-Dollar zu unterstützen, auch in die Tat umgesetzt werde. Dies bestätigte auch Bundeskanzler Olaf Scholz beim Abschiedsbesuch des amtierenden US-Präsidenten Joe Biden in Berlin am 18. Oktober. Der Kredit wird mit Gewinnen aus Zinsen auf eingefrorene russische Staatsvermögen finanziert.
Fast 1.000 Kriegstage sind vergangen, der dritte Kriegswinter steht bevor – doch der Blick liege auf der Zukunft, versichert der Außenminister. Gemeint ist vor allem der Beitritt der Ukraine zur Europäischen Union. Derzeit laufen Verhandlungen – Reformen zeigen sich insbesondere im Kampf gegen Korruption und für mehr Medienfreiheit. Baerbock traf in Kiew unter anderem ihren Amtskollegen Andrij Sybiha, auch ein Treffen mit Selenskyj war geplant.
Fast zeitgleich reiste am Montag der neue NATO-Generalsekretär Mark Rutte zu seinem Antrittsbesuch nach Berlin. Eines der wichtigsten Themen im Gespräch mit Bundeskanzler Scholz: die weitere Unterstützung der Ukraine. Selenskyj hatte in seinem „Siegesplan“ unter anderem den Beitritt zur NATO gefordert. Bisher wurde dieser Antrag abgelehnt. Und die Wahrscheinlichkeit, dass sich im Krieg etwas ändert, ist äußerst gering.
Während die Welt mit Spannung auf die Wahlen in den USA blickt und darauf, wer im Januar 2025 ins Weiße Haus einziehen wird, ist bereits jetzt klar, dass die Erwartungen der USA an Europa deutlich steigen. Mit dem Republikaner Donald Trump würde das Militärbündnis stärker unter Druck geraten. Der Rückzug der USA aus der NATO, wie Trump ihn immer wieder versprochen hat, wird voraussichtlich überhaupt nicht oder zumindest nicht schnell erfolgen – das starke, bedingungslose Bündnis zwischen den USA und Europa wird es jedoch nicht mehr geben. Auch unter der Demokratin Kamala Harris dürften die Auflagen steigen.
Rutte fordert von Deutschland mehr Verteidigungsausgaben
NATO-Chef Rutte gab am Montag in Berlin eine Art Vorgeschmack auf das, was die europäischen Staaten und insbesondere Deutschland erwartet. Alle Verbündeten müssten mehr in die Verteidigung investieren und er setze darauf, dass Deutschland weiterhin Schritte in diese Richtung unternehme, sagte Rutte. Zum ersten Mal seit drei Jahrzehnten hat Deutschland zwei Prozent seines Bruttoinlandsprodukts in Waffen und Rüstung investiert.
Als ehemaliger Premierminister wisse er, dass es für Regierungen nicht immer einfach sei, Mittel für die Landesverteidigung und Unterstützung für die Ukraine bereitzustellen, fügte Rutte hinzu. Aber beides ist für die kollektive Sicherheit notwendig. Die Bundesregierung hat der Nato Verteidigungsausgaben in Höhe von rund 90,6 Milliarden Euro gemeldet. Dies entspricht einem BIP-Anteil von rund 2,1 Prozent.
Scholz versicherte Rutte, dass Deutschland diesen Weg weitergehen wolle. Und beiden – Rutte und Scholz – ist klar, dass die Europäer mehr Verantwortung übernehmen müssen. „Europa wird in den kommenden Jahren hier erhebliche Investitionen tätigen“, sagte die Kanzlerin. „Es geht darum, jeder Bedrohung der Sicherheit in Europa begegnen zu können.“
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