China spielt auch eine zentrale Rolle in seiner Lateinamerika-Politik. In seinem „WSJ“-Artikel identifizierte Rubio das Land als Hauptgegner. Die Vernachlässigung seiner unmittelbaren Nachbarschaft in Lateinamerika beschleunigte Chinas wirtschaftliche Entwicklung und ermöglichte es Peking, „sich den Vereinigten Staaten entgegenzustellen und souveräne Nationen in Vasallenstaaten zu verwandeln“. China gilt nicht nur als Hauptunterstützer Kubas, sondern auch Venezuelas. Darüber hinaus haben sich die chinesischen Beziehungen zu Kolumbien zuletzt weiter vertieft.
Kuba wiederum hoffte laut Außenminister Bruno Rodríguez Parrilla auf eine Annäherung an die USA bis zum Amtsantritt Trumps. Doch eine „persönliche und korrupte Agenda“ des US-Außenministers, „in der er offenbar die nationalen Interessen der USA opfert“, verhinderte dies.
Tatsächlich gibt Rubio in seiner Kurzbiografie auf der Website des Außenministeriums an, dass er „hauptsächlich aufgrund von Gesprächen mit seinem Großvater, der miterlebt hatte, wie der Kommunismus sein Heimatland zerstörte“, in die Politik eingestiegen sei. Erst am Mittwoch traf sich Rubio mit dem berühmtesten kubanischen Oppositionellen, José Daniel Ferrer. Ende Oktober versprach er jedoch überraschend auch humanitäre Hilfe, nachdem Kuba vom Hurrikan Melissa schwer getroffen wurde.
Dennoch kann Havanna mit Rubio im US-Außenministerium nicht auf eine Lockerung der Sanktionen hoffen – im Gegenteil. Nur wenige Stunden nach seinem Amtsantritt setzte Trump das Land wieder auf die Liste der Staaten, die den USA zufolge den Terrorismus unterstützen. Zudem führte er Strafmaßnahmen wieder ein, die zuvor unter Joe Biden gelockert worden waren.
Vor diesem Hintergrund kann Rubios Kurs gegenüber Venezuela auch als indirekter Angriff auf Kuba und China gelesen werden. Kuba ist auf Öllieferungen aus Venezuela angewiesen, die aufgrund der Krise in Caracas in den letzten Jahren bereits zurückgegangen sind. Der Inselstaat steht daher vor einem massiven Energieproblem, das sich in wiederkehrenden, großflächigen Stromausfällen äußert.
Das mögliche Kalkül der USA: Sollte Maduro in Caracas aus dem Amt verschwinden, könnte sich die Krise in Kuba verschärfen und möglicherweise auch dort zum Sturz des Regimes führen. China würde möglicherweise zwei wichtige Partner in Lateinamerika verlieren. Es wäre ein schwerer Rückschlag für Peking, das im Rahmen seiner „Neuen Seidenstraße“-Initiative erst seit Kurzem verstärkt auf die Region durch Infrastrukturprojekte setzt.
Rubio gelang bereits im Februar ein Etappensieg über Peking. Nach seinem Besuch in Panama kündigte die dortige Regierung rund einen Monat später an, zwei Häfen am Ein- und Ausgang des Panamakanals an eine US-Investorengruppe zu verkaufen. Bisher betrieb ein Unternehmen aus Hongkong die Häfen, was Trump scharf kritisiert hatte. Der US-Präsident wollte die Kontrolle über den Kanal. Und Rubio übergab es ihm.