
Zum einen hat der seit Wochen umstrittene Entzug einer Ehrung für die junge Nahost-Aktivistin Judith Scheytt Bestand Aufruhr beim Grimme Online Award gesorgt. Zwei Gewinner des Preises für Online-Journalismus Regisseure Moritz Riesewieck und Hans Blocknahm die Auszeichnung bei der Galaveranstaltung am Mittwochabend nicht entgegen. Einen Sonderpreis sollen die Regisseure für ihre Reportage „Eternalyou“ über KI-generierte Angebote zur fiktionalen Kommunikation mit Verstorbenen erhalten.
Neben dem Sonderpreis wählte die GOA-Jury aus 26 nominierten Einsendungen acht weitere Formate aus. Der Festakt zum 25. GOA fand erstmals im ehemaligen Colosseum Musical Theater in Essen statt. Nach den Wünschen des neuen Grimme-Chefs Çiğdem Uzunoğlu soll Essen nach Möglichkeit ein dauerhafter Standort für die Auszeichnung werden.
Der Preis bleibt auf dem Rednerpult
„Wir hoffen auf eine reflektierte Aufarbeitung, damit wir weiterhin an diesen Preis glauben können. Solange uns das nicht gelingt, stellen wir diesen Preis hier hin und hoffen, dass wir uns vielleicht irgendwann wiedersehen und irgendwann wieder richtig glücklich sind“, sagte Riesewieck und legte den Preis auf das Rednerpult. Dann verließen beide die Bühne. Ein Grimme-Mitarbeiter nahm den Preis entgegen.
Die Ehrung für Scheytt wurde nicht vom Grimme-Institut, sondern vom vom Institut unabhängigen „Verein der Freunde des Adolf-Grimme-Preises“ verliehen. Als Kritik und Antisemitismusvorwürfe gegen Scheytt laut wurden, entzog der Förderverein die Ehrungobwohl Teile der Jury anderer Meinung waren. Dies löste heftige Proteste aus, die sich auch gegen das Grimme-Institut selbst richteten.
Uzunoğlu verspricht „offene Debatte“
Grimme-Chefin Çiğdem Uzunoğlu ging zu Beginn der Zeremonie selbst auf den Konflikt ein. Rückzugsentscheidung des Klubs sei „formal ein Fehler“ gewesensagte sie. Auf den Vorgang hatte das Institut keinen Einfluss. Sie will jetzt eins offene Debatte zum Thema führen, versprach sie. Die Unabhängigkeit der Jurys wird bei Grimme ausnahmslos respektiert. Uzunoğlu gab außerdem bekannt, dass das Institut Zukünftig werden wir uns organisatorisch komplett vom Förderverein trennen.
Uzunoğlus Ankündigung reicht nicht aus. Der Entzug der Ehrung sei ein massiver Angriff auf die Unabhängigkeit einer Jury-Entscheidung durch Druck von Außenstehenden, sagte Block. Riesewieck warf dem Grimme-Chef vor, sich davor zu verstecken.
Viele Gesundheits- und Lifestyle-Angebote
Unter den weiteren hervorragenden Online-Angeboten befassen sich mehrere mit Themen rund um Gesundheit, Lebensstil und Ernährung. Die GOA wurde erhalten von: Instagram-Kanal „Little Monsters“ (WDR) zum Trendthema psychische Gesundheit. Auch er wurde ausgezeichnet TikTok-Kanal „Know & Grow“ (SWR für Radio). Mit aufwendig produzierten Videos würden Fitness- und Gesundheitsmythen entlarvt. Das Angebot erreiche eine Zielgruppe, die traditionelle Medien kaum erreichen könnten, so die Jury.
Er erhielt einen weiteren Preis Instagram-Kanal „Gynaekollege“ vom Arzt und Journalisten Mertcan Usluer. Es bietet Aufklärung über den menschlichen Körper, insbesondere zum Thema „gynäkologische Gesundheit“.
Auszeichnungen gingen an Instagram-Kanal „Stoppt Femizid“das Morde an Frauen dokumentiert, und das Social-Media-Angebot „Barrier Breaker“ – eine Gruppe von Menschen mit Behinderungen. Sie nutzten die Möglichkeiten des Internets, „um hautnahe und eindrucksvolle Einblicke in den Alltag von Menschen mit unterschiedlichsten Behinderungen zu ermöglichen“, lobte die Jury.
Podcast „Parlamentsrevue“ erklärt den Bundestag
In der Kategorie Information die Podcast „Parlamentarische Überprüfung“ exzellent. Mit viel Liebe zum Detail nimmt die Initiatorin Sabrina Gehder ihre Zuhörer mit in die Plenardebatten des Bundestages und schafft es, die parlamentarische Arbeit anschaulich darzustellen – und das ganz ohne große Redaktion.
Endlich gab es einen Preis dafür „Herbst 89 – Auf den Straßen von Leipzig“ – ein Spiel, in dem Nutzer in verschiedene historische Charaktere schlüpfen und Szenen aus der Endphase der DDR „nachspielen“ können. Auch der „Erfinder“ des nicht-kommerziellen Microblogging-Dienstes Mastodon, Eugen Rochko, wurde geehrt. (dpa)