Ein Gastbeitrag von Gregor Gysi für „SuperIllu“ wurde „auszugsweise dokumentiert“ bei „The European“. Als Quelle wurde „Linke“ angegeben. Der „SuperIllu“-Chefredakteur wollte sich auf Anfrage von t-online nicht zu dem Vorgehen äußern.
Übernahmen von Vereinen und OrganisationenAuch von Verbänden und Initiativen erhielt die Seite Inhalte: „Autofahrer haben in Deutschland keine Lobby mehr“, sagte Christian Lindner in einem Interview mit dem Automobilclub „Mobil in Deutschland e.V.“. Wieder einmal war Lindner nun der Autor von „The European“, obwohl hier die korrekte Quelle angegeben wurde. Als Außenministerin sprach Annalena Baerbock ausführlich zur Initiative „Gesichter der Demokratie“ – die Kopie mit Verweis auf die Originalquelle wurde zu einem der zehn Artikel von „Autorin“ Baerbock bei „The European“.
Annahme von Pressemitteilungen: Der Ökonom Clemens Fuest, Präsident des ifo-Instituts für Wirtschaftsforschung, wurde im April 2018 zum „Autor“, weil „The European“ den ersten Teil der aktuellen Veröffentlichung des ifo-Geschäftsklimaindex kopiert und veröffentlicht hat. Die Quelle wurde nicht angegeben – im Original ist auch ein anderer Autor angegeben.
Der Österreicher Stefan Weber, der häufig Plagiatsvorwürfe erhebt, wurde zum „Autor“, als er im Juli 2017 eine Pressemitteilung zu Plagiatsvorwürfen gegen Annalena Baerbock herausgab. Anschließend erschienen laut Webers Darstellung weitere Artikel in „The European“, ohne sein Wissen oder Einverständnis. Sein Fall ist rechtlich brisanter, weil er im Gegensatz zu Politikern mit seinen Spenden Geld verdient.
Genehmigte Buchauszüge: Der US-Schauspieler Brad Pitt wurde zum „Autor“ von „The European“, und in diesem Fall ist der Titel nicht so irreführend wie in anderen. „The European“ hatte die Zustimmung des Verlags, exklusiv einen Beitrag des Hollywoodstars aus einem Buch über den Wiederaufbau von New Orleans nach Hurrikan Katrina zu verwenden. Auch eine Mitarbeiterin von Julian Reichelts Riot-Portal „Nius“ wurde als Autorin aufgeführt, als „The European“ einen Vorabdruck ihres Buches veröffentlichte. Daraufhin wandelte das Portal die X-Postings des Autors in einen zweiten Text um und bewarb das Buch.
Eigene Beiträge: Auf der Seite gibt es auch Gastbeiträge, die Politiker tatsächlich exklusiv für das Portal verfasst haben. Dort finden sich auch eigene Analysen und Beiträge der Kolumnisten. Einer, der dort früher viel geschrieben hat, ist Alexander Wallasch, der das Autorenthema am 15. Oktober in „The European“ öffentlich machte*. Bis Montagabend hatte er auf seinem Blog zehn Artikel zu diesem Thema veröffentlicht. Weimer wurde dort als Verbrecher beschrieben, die Politiker seien „wie kleine tanzende Affen“ zur Schau gestellt worden.
Und nicht nur Artikel sind im Magazin verschwunden und auch eine Übersicht wurde gelöscht, in der t-online als Kooperationspartner aufgeführt war, obwohl es keine Kooperation gab. Außerdem gibt es einen neuen, separaten Artikel, eine Art Interview zur Affäre. Einige Fehler werden zwar zugegeben, die Beweggründe seien jedoch nicht objektiv, behauptet das Magazin. „Es erscheint uns wie eine Kampagne rechter Kreise, die auf der Kritik von Wolfram Weimer an amerikanischen Technologieunternehmen basiert.“
*Wir haben an dieser Stelle versehentlich den 15. August geschrieben.