Der VW Passat Variant ist traditionell das häufigste Pkw-Modell der niedersächsischen Polizei. Da der Kombi in Emden im Norden des Bundeslandes gebaut wurde, die Marke selbst aus der Region stammt und das Land Niedersachsen 20 Prozent der VW-Anteile hält und somit zwei Vertreter im Aufsichtsrat des Autobauers hat, ist das kaum verwunderlich.
Mit der Elektrifizierung der Polizeiflotte gehört diese vermeintliche Konstante jedoch der Vergangenheit an. Auch Volkswagen legte im Rahmen der Ausschreibung ein Angebot vor, den Zuschlag erhielt jedoch letztlich die Konzerntochter Audi. Die Ingolstädter machten offenbar einfach das attraktivere Angebot.
Künftig sind die Polizisten im umgebauten A6 Avant e-tron unterwegs und nicht wie erwartet im elektrischen Passat-Pendant VW ID.7 Tourer aus Emden. Sie sollten sich freuen, schließlich bietet der Elektro-Kombi auf Basis der PPE-Plattform (Premium Platform Electric) von Audi und Porsche dank des 800-Volt-Bordsystems einen höheren Komfort, bessere Fahrleistungen und vor allem schnellere Ladezeiten.
Niedersachsen investiert 65.700 Euro pro Fahrzeug
Dank einer Spitzenladeleistung von 270 kW dauert der Ladevorgang von 10 auf 80 Prozent beim Audi 21 Minuten, beim großen Elektro-Volkswagen mit 200 kW Ladeleistung dauert der gleiche Vorgang fünf Minuten länger. Allerdings ist davon auszugehen, dass Polizeifahrzeuge in der Regel an einer Wallbox im Bahnhof geladen werden und nicht an einer Schnellladesäule.
Auch im Streifenbetrieb dürfte die Reichweite eigentlich keine Rolle spielen – hier hat der Audi A6 Avant e-tron mit maximal 720 Kilometern einen leichten Vorteil gegenüber der Kombi-Variante des ID.7, die auf eine maximale Reichweite von 689 Kilometern kommt.
Das Land hat insgesamt 200 Exemplare des Elektro-Kombis bestellt. Der Umbau inklusive Blaulicht, Sirene und Radio wird von einem bayerischen Fachbetrieb durchgeführt. Rechnet man diese hinzu, kostet jedes einzelne Exemplar mindestens 65.700 Euro. Insgesamt investiert das Land Niedersachsen 26,4 Millionen Euro für die Neufahrzeuge.
Bei der IG Metall stößt die Entscheidung für das Angebot von Audi auf Unverständnis: „Aus Sicht der Automobilbeschäftigten wäre es sicherlich ein starkes Signal gewesen, wenn sich das Land Niedersachsen bei dieser Wahl auch zur heimischen Automobilproduktion im Land verpflichtet hätte“, sagte ein Gewerkschaftssprecher dem NDR. Die Polizeifahrzeuge sind ein sichtbares Aushängeschild des Landes. Auch die Polizei selbst ist von ihren neuen Dienstwagen überrascht, da sie an VW-Fahrzeuge gewöhnt ist.
Allerdings betont das niedersächsische Innenministerium, dass der Spielraum des Landes bei der Vergabe von Aufträgen gering sei und eine Bevorzugung eines bestimmten Anbieters oder Herstellers ohnehin nicht zulässig sei. Der Produktionsstandort der Fahrzeuge ändert daran nichts. Die Ausschreibungen gelten europaweit und unterliegen klaren Regeln. Volkswagen selbst sagte auf NDR-Nachfrage lediglich, dass man ebenfalls ein Angebot abgegeben habe und gerne den Zuschlag erhalten hätte.
ndr.de