Architekturbüros ausgewählt
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Das zukünftige Erscheinungsbild des Dragonera-Areals in Berlin-Kreuzberg zeichnet sich immer deutlicher ab. Die Landeseigene Wohnungsbaugesellschaft Berlin-Mitte (WBM) hat im Rahmen der Ausschreibung zwei Teams ausgewählt, um Architekturbüros für den Hochbau auf dem sogenannten Südbaufeld auszuwählen. Am Ende sei die Entscheidung nahezu einstimmig für die Architekten „&Mica“ aus Berlin und Köln sowie „Kaden+ Architekten“ aus Berlin gefallen, teilte die WBM am Freitag mit.

Holzhybridbauweise
Alle Gebäude sollen laut WBM als Holzhybridbauten errichtet werden. Damit werde das Dragonera-Areal zu einem Vorzeigeprojekt für eine klimafreundliche Stadtentwicklung in Berlin, so die Wohnungsbaugesellschaft. Auf dem Südbaufeld sollen insgesamt rund 240 Wohneinheiten entstehen, verteilt auf fünf Gebäude mit einer Gesamtfläche von rund 21.000 Quadratmetern. In den Erdgeschossen sind Räume für kleinere Gewerbeflächen und Gemeinschaftsaktivitäten vorgesehen.
Laut WBM wird der Bau im Jahr 2027 beginnen
Laut WBM-Geschäftsführer Steffen Helbig soll das Bebauungsplanverfahren bis zum Jahr 2026 abgeschlossen sein. Der Baubeginn soll demnach im Jahr 2027 erfolgen – ursprünglich war 2025 angekündigt. Im weiteren Verlauf der Quartiersentwicklung folgen laut WBM ein Wohnhochhaus und das sogenannte Baugebiet Nord. Die Entwürfe der Gewinner werden Anfang 2026 auf einer Ausstellung im Dragonera-Gebiet gezeigt.
Zwei historische Gebäude auf dem Gelände werden – unabhängig von der WBM – für soziale Infrastruktur umgebaut: Das Pferdehospiz wird in eine Kindertagesstätte umgewandelt, die alte Reithalle wird als Jugendfreizeit- und Kultureinrichtung genutzt.
Militärische Vergangenheit
Das Dragonera-Gebiet hinter dem Finanzamt Kreuzberg am Mehringdamm ist einer der umstrittensten Immobilienfälle in Berlin. Das 4,7 Hektar große Gebiet steht seit über einem Jahrzehnt im Zentrum stadtpolitischer Auseinandersetzungen. Zunächst diente es militärischen Zwecken: Zwischen 1850 und 1854 wurde an der Stelle die Garde-Dragoner-Kaserne errichtet. Das Gelände wurde mehrmals erweitert und umfasste schließlich 47.000 Quadratmeter mit Reitbahnen, Ställen und mehreren Bauernhöfen. Im Zweiten Weltkrieg wurden auf dem Gelände Zwangsarbeiter für die NS-Rüstungsindustrie ausgebeutet (kleinod-vor-dem-umbruch.de). Nach 1945 nutzten Kleingewerbebetriebe und Kultureinrichtungen das Gelände.
Der aktuelle Streit begann im Jahr 2010, als die Bundesagentur für Immobilien (BImA) das Gebiet im Meistbieterverfahren verkaufen wollte. Diese Immobilienpolitik stieß bei zivilgesellschaftlichen Initiativen wie „Stadt von Unten“ oder dem „Kiezbündnis am Kreuzberg“ auf massiven Widerstand. Im Oktober 2014 erhielt der Projektentwickler Arne Piepgras den Zuschlag für 36 Millionen Euro – obwohl der Marktwert nur 9,6 Millionen Euro betrug. Allerdings fungierte Piepgras als Vermittler für ein tschechisches Unternehmen, das im Februar 2015 den Kaufpreis hinterlegte. Auch das Land Berlin hatte Interesse bekundet: Die landeseigene Howoge bot zusammen mit dem Miethauskonsortium 20 Millionen Euro und plante 700 Wohnungen. Der entscheidende Wendepunkt kam, als Finanzsenator Matthias Kollatz-Ahnen (SPD) im Bundesrat eine Verkaufsblockade organisierte.
Kritik: Aber nicht so „bezahlbar“ wie versprochen
Nach der Übernahme durch den Bund im Jahr 2019 sollte das Dragonera-Areal ein Vorzeigeprojekt für „kooperative Stadtentwicklung“ werden. In einer Kooperationsvereinbarung verpflichten sich Senat, Bezirk, die landeseigene Wohnungsbaugesellschaft WBM und zivilgesellschaftliche Initiativen zu 100 Prozent bezahlbarem Wohnraum und einem signifikanten Anteil genossenschaftlicher und gemeinschaftsorientierter Anbieter (berlin.de).
Doch bereits im Januar 2024 kritisierten Initiativen auf einem Forum, dass das Projekt aus Kostengründen seinen Charakter verliere und nicht wirklich bezahlbaren Wohnraum schaffe. Aus diesen Gründen hatte sich die Initiative „Stadt von unten“ längst aus der Kooperationsvereinbarung zurückgezogen. Im Oktober 2024 eskalierte der Konflikt erneut: Der schwarz-rote Senat will der WBM deutlich mehr Flächen zuteilen als ursprünglich geplant – auf Kosten der Genossenschaften, deren Flächenanteil nahezu halbiert werden soll (tagesspiegel.de / Paid Content).
