Arbeitgeberverband entsetzt
Die IG Metall fordert eine Lohnerhöhung von 8,5 Prozent für eine Vier-Tage-Woche
06.09.2023, 19:24 Uhr
Die IG Metall will der nordwestdeutschen Stahlindustrie den Weg zur Vier-Tage-Woche ebnen – mit deutlich höheren Löhnen. Die Arbeitgeber lehnen dies vor der nächsten Tarifrunde erneut ab. Auch von einer „existenziellen Bedrohung“ ist die Rede.
Mit der Forderung nach einer Lohnerhöhung um 8,5 Prozent und einer Reduzierung der Wochenarbeitszeit auf 32 Stunden bei vollem Lohnausgleich geht die IG Metall in die nächste Tarifrunde der nordwestdeutschen Stahlindustrie mit den Ländern Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Hessen und Bremen. Die Laufzeit solle etwa zwölf Monate betragen, teilte die Gewerkschaft nach einer Sitzung des Tarifausschusses in Duisburg mit. „Diese Arbeitszeitverkürzung wäre der Beginn der in vielen Bereichen ermöglichten Vier-Tage-Woche“, sagte der Bezirksleiter der IG Metall NRW und Verhandlungsführer Knut Giesler.
Die Arbeitgeber lehnten die Forderungen umgehend ab. Die Friedensverpflichtung für die rund 68.000 Mitarbeiter endet am 30. November. Der Arbeitgeberverband Stahl kritisierte eine Reduzierung der Arbeitszeit von 35 auf 32 Stunden pro Woche bei vollem Lohnausgleich, die zu einer Erhöhung des Stundenlohns um 8,6 Prozent führe. Zusammen mit der geforderten Gebührenerhöhung um 8,5 Prozent ergibt sich ein Gesamtvolumen von 17,1 Prozent. Dies überfordert endgültig die Leistungsfähigkeit der deutschen Stahlindustrie und gefährdet ihre Existenz.
Die IG Metall ging mit der Forderung einer Lohnerhöhung von 8,2 Prozent in die letzte Runde, die Einigung lag bei 6,5 Prozent. Zur Branche gehören Stahlhersteller von Thyssenkrupp, Salzgitter und ArcelorMittal.
Warnungen vor Personalengpässen
Nicht nur in der Stahlindustrie gibt es schon seit längerem Debatten über die Vier-Tage-Woche. Warnungen gibt es unter anderem wegen des Personalmangels in vielen Branchen. Michael Hüther, Leiter des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln, sagte zu Jahresbeginn: „Ideen wie die Vier-Tage-Woche könnten kaum utopischer sein. Deutschland droht in den kommenden Jahren ein enormer Verlust.“ Der Wohlstands- und Rentensektor wird sich verschlechtern, wenn nicht schnell gegengesteuert wird. Um dem demografischen Wandel entgegenzuwirken und die Lücken zu schließen, bräuchte es eine geregelte 42-Stunden-Woche, ähnlich wie in der Schweiz und in Schweden.
Gewerkschafter Giesler sagte der „WAZ“ im März, die Vier-Tage-Woche sei auch eine Möglichkeit, die zu erwartenden Arbeitsplatzverluste im Zuge der grünen Transformation der Stahlindustrie zu verhindern. Der Arbeitgeberverband Stahl hingegen kritisiert in einer Stellungnahme: „Die Mitarbeiter sind als Know-how-Träger unverzichtbar.“ Viele Unternehmen benötigen im Zuge der Transformation zusätzliche, hochqualifizierte Arbeitskräfte, um die neuen Werke für klimaneutralen Stahl in Betrieb zu nehmen.“ „Das ist angesichts des gravierenden Fachkräftemangels in der gesamten Wirtschaft herausfordernd genug.“
Die IG Metall geht davon aus, dass die Reduzierung auf 32 Stunden lange dauern wird, möglicherweise mehrere Jahre – auch um Arbeitgeber bei der Änderung der Dienst- und Schichtpläne nicht zu überfordern. Die Reduzierung ist in der Verwaltung und im Zweischichtbetrieb deutlich einfacher umzusetzen als im Dreischichtbetrieb.
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