In der Diskussion um Sozialabgaben schlagen Arbeitgeber radikale Einsparungen in Milliardenhöhe in der gesetzlichen Krankenversicherung vor. Dadurch ließen sich Beiträge und Lohnnebenkosten deutlich senken und die Barausgaben um bis zu 50 Milliarden Euro pro Jahr reduzieren, heißt es in einem noch unveröffentlichten Positionspapier der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), das der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ vorliegt.
Der Verband fordert unter anderem ein Ende der Beitragsbefreiung für mitversicherte Ehegatten, die kein oder nur ein geringes Einkommen erzielen. Den Mindestbeitrag von rund 220 Euro pro Monat für die Gesetzliche Krankenversicherung (GKV) sollten Sie künftig selbst zahlen. Allein hiervon erwarten Arbeitgeber von ihren Krankenkassen Mehreinnahmen in Höhe von 2,8 Milliarden Euro pro Jahr. Das wäre ein Bruch mit dem aktuellen Familienversicherungssystem.
Auch die 2013 abgeschaffte Praxisgebühr von zehn Euro wollen die Arbeitgeber in veränderter Form wieder einführen. Diese „Kontaktgebühr“ würde nicht wie bisher nur einmal im Quartal erhoben, sondern für jeden Arztbesuch. Dadurch sei es möglich, unnötige Konsultationen zu vermeiden und Patienten besser zu betreuen, heißt es in dem Papier. Eine Ausweitung der Selbstbeteiligung würde ein Einsparpotenzial von bis zu drei Milliarden Euro pro Jahr mit sich bringen.
Arbeitgeber fordern außerdem eine Senkung der Mehrwertsteuer auf Medikamente und Hilfsmittel auf sieben Prozent, wodurch 5,3 Milliarden Euro pro Jahr freigesetzt würden. Der Zeitung zufolge sei es nicht vertretbar, warum Medikamente laut „Arbeitgebervorschlägen zur Gesundheitsreform 2026“ höher besteuert würden als Süßigkeiten, Katzenfutter oder Tierarzneimittel.
Neu im Forderungskatalog ist außerdem, dass gesetzlich Versicherte für jede Behandlung eine Abrechnungsbescheinigung von Ärzten erhalten sollen. Nach Angaben der Arbeitgeber muss dieser „Patientenbeleg“ automatisch in die elektronische Patientenakte eingetragen werden, um mehr Transparenz über die Leistungen und Kosten zu schaffen.
„Realistisches Szenario“: Einsparungen von 10 Prozent
Neben dem „optimistischen Szenario“, das den Berechnungen der Zeitung zufolge ein Einsparpotenzial von 50 Milliarden Euro ausmacht, gibt es auch ein „realistisches Szenario“ von 30 bis 40 Milliarden Euro. Dadurch würden die jährlichen GKV-Ausgaben um zehn Prozent sinken. Dadurch wäre eine Senkung der Beitragssätze um 1,5 bis 2,0 Prozentpunkte möglich.
Dann müssten Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht mehr wie bisher durchschnittlich 17,5 Prozent ihres sozialversicherungspflichtigen Einkommens für die allgemeinen und Zusatzbeiträge an die Krankenkassen abführen, sondern nur noch 15,5 bis 16 Prozent.
Nach der Berechnung der Zeitung beläuft sich die Ersparnis bei Einkünften bis zur Beitragsbemessungsgrenze für Arbeitgeber und Arbeitnehmer auf 41 bis 55 Euro pro Monat. Im optimistischen Szenario, in dem Unternehmen und Arbeitnehmer jeweils 25 Milliarden Euro weniger einzahlen müssten, wäre sogar eine Senkung des Beitragssatzes auf 15 Prozent möglich. Die monatliche Ersparnis für Arbeitgeber und Arbeitnehmer würde maximal jeweils 69 Euro betragen.
