Der frühere Bundespräsident Joachim Gauck fordert mehr Engagement Antisemitismuszum Beispiel aus der arabischen Welt oder der politischen Linken. „Wir haben seit Jahrzehnten Abwehrreflexe gegen rechts – das ist gut“, sagte ihm Gauck Tagesspiegel. Der Umgang mit Antisemitismus aus der arabischen Welt beispielsweise wurde lange vernachlässigt. Dort könnte es völlig normal sein, mit antisemitischen Vorstellungen aufzuwachsen.
„Manche Menschen haben auch Probleme, über linken Antisemitismus in Deutschland zu sprechen“, so Gauck weiter. Egal woher Antisemitismus und Menschenfeindlichkeit kämen: „Wir brauchen mehr Entschlossenheit beim Schutz der Menschenwürde.“
Angesichts der steigenden Zahl antisemitischer Vorfälle forderte Gauck mehr „Alarmbereitschaft“. Das Grundgesetz verbietet „weder Dummheit noch Gemeinheit“. „Wir müssen uns mit denen auseinandersetzen, die Hass zu einem Teil ihres Lebens gemacht haben“, sagte der ehemalige evangelische Pfarrer. Das gelte für alle Bürger, nicht nur für Institutionen: „Wir sind ein Bürgerstaat, nicht nur ein institutioneller Staat.“
Kritik an Israels Kriegsführung
Gleichzeitig kritisierte der ehemalige Bundespräsident erneut das Vorgehen Israels im Gazastreifen. „Natürlich war die Verteidigung Israels nach den mörderischen Angriffen der Hamas am 7. Oktober gerechtfertigt, aber die Art und Weise der Kriegsführung geht über das hinaus, was ich akzeptieren kann“, sagte Gauck. Er würde rein Israel treffe gerne Freunde. „Aber gerade die rechten Parteien, auf die sich Netanjahu verlässt und die einen arroganten Blick auf die palästinensische Bevölkerung haben, erregen bei mir solchen Ekel, dass ich froh bin, dass ich nicht gehen muss.“
Allerdings hält er den Ausschluss Israels vom Eurovision Song Contest für falsch – ebenso wie Boykotte, die israelische Wissenschaftler und Künstler betreffen. „Ich halte das für eine falsche Strategie, zumal viele der Betroffenen Gegner der Politik Netanjahus sind“, sagte Gauck.
