Analyse
Die Autoindustrie steckt in der Krise. Die Bundesregierung hat Unterstützung zugesagt. Eigentlich sollte es beim Autogipfel im Kanzleramt darum gehen, der Branche Auftrieb zu geben – doch so konkret sind die Ergebnisse nicht.
Kurz vor den Gesprächen im Kanzleramt bekamen die Beteiligten es schwarz auf weiß: Laut einer Umfrage des Münchner Ifo-Instituts hat sich die Stimmung in der deutschen Automobilindustrie im September deutlich verschlechtert. Viele Unternehmen bauen Arbeitsplätze ab – allein zwischen Juni 2024 und Juni 2025 gingen 50.000 Arbeitsplätze verloren.
IG-Metall-Chefin Christiane Benner nennt den Stellenabbau „dramatisch“. Entsprechend hoch sind die Erwartungen der Branche an die Politik: „Unsere Mitarbeiter warten auf ein klares Signal“, sagt Benner – natürlich nicht vor dem Autodialog im Kanzleramt, sondern danach.
Und auch Hildegard Müller, Präsidentin des Automobilverbandes VDA, zeigte sich nach der Sitzung ein wenig enttäuscht, als sie sich bei der Politik für die gemeinsame Diskussion bedankte, aber etwas Konkreteres forderte: „Wir brauchen zeitnahe Entscheidungen und dann eine einheitliche deutsche Stimme in Brüssel.“
Knackpunkt ist die Abschaltung des Verbrennungsmotors
Hier liegt der eigentliche Knackpunkt: Wie reagiert Deutschland auf die Diskussion um den EU-weit vereinbarten Ausstieg aus dem Verbrennungsmotor ab 2035? Mögliche Korrekturen werden noch in diesem Jahr in Brüssel besprochen. Eine offizielle Linie der schwarz-roten Bundesregierung gibt es noch nicht. Allerdings bekräftigt Bundeskanzler Friedrich Merz seinen Standpunkt, dass er sich hier mehr Flexibilität wünscht: Einen „harten Schnitt“ soll es im Jahr 2035 nicht geben – dafür werde er sich in Brüssel stark machen.
Gleichzeitig betont Merz, dass dies das Ziel, die Elektromobilität in Deutschland weiter auszubauen, nicht untergräbt: „Das ist sozusagen die Hauptstraße, auf der die Menschen fahren.“ Es gibt aber auch andere Technologien, die für die Automobilindustrie in Deutschland wichtig sind und ebenfalls zum Ziel der Klimaneutralität führen würden. Hierzu zählen beispielsweise Elektroautos, die in unterschiedlicher Form mit Verbrennungsmotoren kombiniert werden – sogenannte „Plug-in-Hybride“ und „Range Extender“.
Das letzte Wort ist noch nicht gesprochen
Auch SPD-Vizekanzler Lars Klingbeil kann sich vorstellen, dass solche Fahrzeuge auch nach 2035 noch zugelassen werden. Das sei ein Weg, „den wir für absolut gangbar halten und bei dem wir die deutsche Position ändern würden und wollen.“ Klingbeil rückte damit näher an die Position der Union heran, während Merz mit der Betonung der Bedeutung der E-Mobilität auf die SPD zuging. Das letzte Wort ist in der Koalition wohl noch nicht gesprochen – doch sowohl Merz als auch Klingbeil betonen, dass sie nun Entscheidungen treffen wollen.
An einer Art neuen E-Auto-Bonus, der auch Menschen mit niedrigem und mittlerem Einkommen zugänglich sein soll, muss noch gearbeitet werden. Nach Angaben von Finanzminister Klingbeil will der Bund dafür drei Milliarden Euro zur Verfügung stellen, die Einzelheiten stehen jedoch noch nicht fest. Klar ist nur, dass die Kfz-Steuerbefreiung für reine Elektroautos über das Jahresende hinaus verlängert werden soll.