SPD-Chefin Esken fordert strafrechtliche Verfolgung von „Sprachgewalt“
Berlins Bürgermeister Kai Wegner und die Gewerkschaft der Polizei haben SPD-Senatorin Franziska Giffey nach einem Anschlag ihr Beileid ausgesprochen. Leipzigs Oberbürgermeister Burkhard Jung übt scharfe Kritik an der Justiz – SPD-Chefin Saskia Esken beklagt eine Verrohung der Sprache.
NNach den Angriffen auf die Berliner Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey (SPD) und einen Politiker der Grünen am Dienstag hat sich die SPD-Bundesvorsitzende Saskia Esken für mehr Druck zur Aufklärung verbaler Gewalt gegen Politiker ausgesprochen. „Wir müssen im Internet, aber natürlich auch im Alltag, ein Auge darauf haben, dass alles, was in der Sprache strafbar ist, strafrechtlich verfolgt wird“, sagte Esken am Mittwoch in der RTL/ntv-Sendung „Frühstart“. Die Sprache wird immer brutaler. Dies führt auch zu den aktuellen Angriffen gegen Politiker. „Letztendlich sind diese Gewalttaten die Folgen von Gewalt in der Sprache“, sagte Esken.
Auch der Leipziger Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) forderte ein entschlosseneres Vorgehen der Justiz bei Drohungen gegen Politiker. „Wir sind viel zu lasch, viel zu verschmust“, sagte Jung am Mittwoch im Deutschlandfunk. Er selbst hat in den vergangenen drei Jahren mehr als 50 Drohungsanzeigen an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet. In zwei Fällen kam es zu einer Verurteilung. Solche Vorfälle werden oft als Verleumdung abgetan, die man ertragen muss.
Die Menschen hätten sich an Beleidigungen und Stalking fast schon gewöhnt und die Grenzen der freien Meinungsäußerung müssten neu definiert werden, forderte Jung, der Vizepräsident des Deutschen Städtetags ist. Als 2015 bei einer „Pegida“-Demonstration in Dresden ein Galgen für die damalige Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) durch die Gegend getragen wurde, „schliefen die Menschen zum ersten Mal“. „Wir hätten eingreifen sollen“, sagte Jung. Die Ermittlungen in dieser Angelegenheit wurden von der Staatsanwaltschaft eingestellt.
Wegner: „Wer Politiker angreift, greift unsere Demokratie an“
Der Regierende Bürgermeister von Berlin, Kai Wegner, äußerte sich zum Angriff auf Giffey auf Wir werden die Konsequenzen im Senat diskutieren, einschließlich härterer Strafen für Angriffe auf Politiker.“
Auch die Berliner Innensenatorin Iris Spranger (SPD) äußerte sich. „Die Landes- und Bundespolizei tun alles, um die Politiker zu schützen. Auf der Sondersitzung gestern war sich die Innenministerkonferenz einig, dass die Demokratie wirksamer vor Hassreden und Fehlinformationen geschützt werden muss. Der strafrechtliche Schutz des Einzelnen vor solchen Angriffen dient auch dem Schutz der Demokratie selbst.“
Die Polizeigewerkschaft GdP verurteilte den Angriff auf die Berliner Wirtschaftssenatorin Giffey als „hinterhältigen Angriff“. „Angriffe auf gewählte Amtsträger haben in den letzten Jahren zugenommen, Hasskommentare werden in sozialen Medien geäußert und verbale Gewalt schafft einen Nährboden für körperliche Gewalt“, sagte Landesvorsitzender Stephan Weh am Mittwoch in einer Erklärung.
„Anstatt Meinungen auszutauschen und sich mit Argumenten auseinanderzusetzen, hetzen und schlagen die Menschen heute.“ Das scheint schon lange normal zu sein, sollte es aber nicht sein. „Politiker, Polizisten, Feuerwehrleute und Ehrenamtliche stehen im Rampenlicht, weil sie sich zurückstellen, um sich für andere zu engagieren.“
Es ist an der Zeit, nachhaltige Maßnahmen zu ihrem Schutz zu ergreifen. „Wir brauchen einen besseren Strafschutz für Beamte und Mandatsträger sowie eine personelle und technische Stärkung von Polizei und Justiz, damit sie nicht zur Zielscheibe werden.“
Stübgen: „Gewaltspirale ist äußerst besorgniserregend“
Brandenburgs Innenminister Michael Stübgen verurteilte die Brutalität in sozialen Netzwerken und Drohungen gegen Politiker. „Leider haben wir diese Spirale schon seit Jahren, und in diesem Jahr haben wir es mit einer heftigen Spirale tätlicher Angriffe auf Politiker zu tun, die mir große Sorgen bereitet“, sagte der CDU-Politiker, der derzeit die Innenministerkonferenz leitet, im RBB24-Inforadio .
Stübgen sprach von einer Entwicklung, in der bundesweit ehrenamtliche Politiker und Wahlkampfhelfer, die keine Sonderbeauftragten seien, massiv angegriffen würden. „Unserer Meinung nach sind diese Bereiche strafrechtlich nicht ausreichend geschützt. Deshalb bitten wir die Justizministerkonferenz, sich mit dieser Frage zu befassen.“ Stübgen bezeichnete kommunales ehrenamtliches Engagement als „Grundlage unseres demokratischen Rechtsstaates, und hier reicht Strafschutz nicht aus.“