taz | Wenn Faschisten das Stadtfest finanzieren: Der rechtsextreme AfD-Fraktionsvorsitzende im Brandenburger Landtag, Hans-Christoph Berndt, war in diesem Jahr einer der Sponsoren des Stadtfestes in der Kleinstadt Golßen im Landkreis Dahme-Spreewald. Nachdem Brandts Spende öffentlich bekannt wurde, kam es zu Kontroversen, die schließlich in einer Bewohnerbefragung mündeten.
Dieser soll darüber entscheiden, ob Ihr Geld behalten oder anschließend abgelehnt werden soll. Am Sonntag beschlossen die Einwohner: Die Mehrheit stimmte gegen eine Rückerstattung der Spenden – damit bleibt Berndt, der vom Verfassungsschutz als Rechtsextremist geführt wird, Sponsor des Stadtfestes.
Dieses Ergebnis „zeigt leider, wie weit die Normalisierung und Verharmlosung des Rechtsextremismus in unserer Gesellschaft bereits fortgeschritten ist“, heißt es in einer Stellungnahme der Initiative „Golßen für Alle“ gegenüber der taz. Im Vorfeld der Bewohnerbefragung versuchte die Initiative, auf Berndts rechtsextreme Aktivitäten aufmerksam zu machen. Die Initiative sei „sehr betrübt“ über die Ergebnisse der Umfrage, habe aber bereits „befürchtet, dass es so kommen könnte“.
Aus einer Pressemitteilung der parteilosen Bürgermeisterin Andrea Schulz geht hervor, dass 727 Golßener Einwohner an der Umfrage teilgenommen haben, also 33,6 Prozent der Wahlberechtigten. Laut Mitteilung stimmten 70 Prozent von ihnen gegen eine Rückgabe der Spende an den AfD-Mann Berndt. Der Stadtrat will dieses Ergebnis akzeptieren und das Geld entsprechend zurückhalten.
Inszenierung eines Rechtsextremisten
Die Kritik, die vor dem Stadtfest am 8. und 9. August geäußert wurde, betrifft nicht nur die Tatsache, dass Berndt eine private Spende getätigt hat – er wurde auch auf den Plakaten, die für das Stadtfest werben sollten, namentlich als Sponsor genannt und hatte so die Möglichkeit, sich als Spender zu präsentieren. „Die öffentliche Wertschätzung rechtsextremer Akteure unter dem Deckmantel des Sponsorings sendet ein völlig falsches Signal“, schrieb die Linkspartei des Kreises Dahme-Spreewald damals in einem Instagram-Post.
Hans-Christoph Berndt gilt als Teil des völkisch-nationalistischen Flügels der AfD. 2015 gründete er den Verein „Zukunft Heimat“, eine Anti-Flüchtlingsgruppe, die er gemeinsam mit Akteuren der NPD und anderen Neonazi-Netzwerken auf Grundlage von Erkenntnissen des Verfassungsschutzes formierte. Berndt soll auch gute Kontakte zu anderen rechtsradikalen Medien und Gruppen pflegen, darunter auch zum Magazin Kompakt und die Identitäre Bewegung. Neben seiner Funktion als Fraktionsvorsitzender im Landtag ist er auch im Golßener Stadtparlament vertreten.
Dass ein Förderer mit diesem politischen Profil bei den Einwohnern Golßens nicht auf Ablehnung stieß, verwundert angesichts der Stärke der dortigen AfD nicht sonderlich: Wie in vielen anderen Teilen Brandenburgs ist die Stadt eine Hochburg der AfD; Bei der Landtagswahl im vergangenen Jahr ging die Partei mit 46,2 Prozent der Zweitstimmen als klarer Sieger hervor.
Der „unabhängige“ Bürgermeister
Helmut Hummel, der für die Linke im Golßener Stadtparlament sitzt, respektiert die Ergebnisse der Bewohnerbefragung, findet es aber „traurig, was für ein Bild das ergibt“, erklärt er im Interview mit der taz. Hummel äußert sich auch zur parteilosen Bürgermeisterin Andrea Schulz, die Berndt überhaupt erst als Sponsor zugelassen hatte.
Er berichtet der taz, dass die „parteilose“ Bürgermeisterin Kollegen mit „Fuck Antifa“-Bechern duldet und am Pfingstmontag dieses Jahres dabei beobachtet wurde, wie sie gemeinsam mit ihrem Mann eine „eindeutig neonazistische“ Veranstaltung von Berndts Verein „Zukunft Heimat“ besuchte. Glaubt man diesen Berichten, scheint die Normalisierung rechtsradikaler Positionen in der Region Brandenburg derzeit mühelos voranzukommen.
