Sandra Maischberger stellte am Montagabend eine einfache Frage: „Ist Putins Russland eine Bedrohung für Deutschland?“ Markus Frohnmaier, AfD-Fraktionsvize, antwortet mit einem knappen „Nein“. Norbert Röttgen, CDU-Außenpolitikexperte und Mitglied des Auswärtigen Ausschusses des Bundestags, antwortete zuvor mit „Ja“ – und zeigte sich sichtlich fassungslos: „Allein diese Aussage zeigt, dass Sie sich im Interessenlager Russlands befinden.“
Er verweist auf den Vernichtungskrieg gegen die Ukraine und die täglichen Angriffe Russlands auf Europa – Spionage, Sabotage, zerstörte Datenkabel, Cyberangriffe. Zur Haltung Frohnmaiers stellt er klar: „Das ist die beste Propaganda, die sich Putin wünschen kann.“
Dennoch bleibt Frohnmaier fest: „Wir befinden uns nicht im Krieg mit Russland.“ Formal stimmt das – Deutschland ist keine Kriegspartei. Tatsächlich warnen Bundesregierung und Verfassungsschutz seit Monaten vor hybriden Angriffen Russlands auf Deutschland – über Cyberangriffe, Desinformation und mutmaßliche Sabotageakte.
AfD-Politiker nennt Sanktionen „unsinnig“ – und wirft Doppelmoral vor
Der AfD-Politiker fordert eine „ernsthafte Friedensinitiative“ und kritisiert Waffenlieferungen an die Ukraine. „Ich halte es für falsch zu glauben, dass dieser Konflikt durch dauerhafte Waffenlieferungen gelöst werden kann.“ Röttgen antwortet: „Die Friedensinitiative besteht darin, alles dafür zu tun, dass der Krieg scheitert. Und damit er scheitert, unterstützen wir die Ukraine.“
Norbert Röttgen im Interview: „Trump bestätigt praktisch Putins Fähigkeit, Krieg zu führen“
Die Bundesregierung lädt Syriens Interimspräsidenten Ahmed al-Sharaa ein, der für Gräueltaten verantwortlich ist – Frohnmaier wirft der Bundesregierung Doppelmoral vor. Die Einladung ist richtig, aber der Kontext fehlt: Berlin empfängt al-Sharaa im Rahmen von Diskussionen über Rückführungen, nicht zur politischen Anerkennung.
„Die Krim ist jetzt in russischer Hand, und das ist gut so“
Maischberger konfrontiert Frohnmaier dann mit einem alten Satz: „Die Krim ist jetzt in russischer Hand, und das ist gut so.“ – „Sie haben das aus dem Zusammenhang gerissen“, sagt er. Doch die Aussage ist dokumentiert: Frohnmaier nahm an einem Wirtschaftsforum auf der 2018 von Russland annektierten Halbinsel teil und begrüßte die „Realität“ der Annexion. Die Vereinten Nationen halten die russische Besatzung weiterhin für völkerrechtswidrig.
Röttgen nutzt den Moment, um die Linie seiner Partei klarzustellen: Wer die russische Aggression relativiert, schadet deutschen Interessen – und trägt zur Legitimierung von Putins Krieg bei.
Frohnmaiers geplante Reise nach Russland sorgt für Kritik
Das gilt auch für Frohnmaiers geplante Russlandreise im kommenden Frühjahr: Sicherheitskreise warnen vor einem „Abfluss vertraulicher Informationen“, CDU-Politiker sehen darin eine Spionagegefahr. Der AfD-Politiker verteidigt sich: Es gehe darum, „die Gesprächskanäle offen zu halten.“
Dann spricht Maischberger an, was ihm seit Jahren im Kopf herumschwirrt: ein 2019 veröffentlichtes Dokument aus Putins Präsidialverwaltung, in dem er als „Abgeordneter unter absoluter Kontrolle“ beschrieben wird. Frohnmaier weist dies entschieden zurück und nennt die Zuschreibung „eine Unverschämtheit“. Röttgen bemerkt trocken, dass die AfD Kontakte unterhalte, „die für jeden Demokraten ein Problem sein dürften“.
AfD-Rhetorik gegen Fakten – eine Lektion in Rhetorik
Je länger die Runde dauert, desto schwieriger wird es, die Themen zu ordnen. Frohnmaier redet mit sich selbst, wechselt den Standort, vermeidet klare Antworten. Röttgen bleibt ruhig – vielleicht zu ruhig. „Das deutsche Interesse besteht darin, dass der Krieg in Europa wieder verschwindet“, sagt er mehrmals. „Ich bin auch ein Vertreter der Interessenpolitik – aber es geht um etwas mehr.“
Das Publikum reagiert spürbar genervt. Als Frohnmaier erneut sagt, man dürfe Russland „nicht verteufeln“, schütteln einige Zuschauer den Kopf.

Frohnmaier bedient sich bekannter AfD-Muster
Die Show wird zu einem Lehrstück dafür, wie schwierig es ist, Fakten gegen Rhetorik durchzusetzen. Frohnmaier greift auf bekannte AfD-Muster zurück: wechselnde Themen, selektive Wahrheiten, die Pose des unverstandenen Realisten. Dem entgegnet Röttgen, allerdings verliert die Debatte an Tiefe, weil sie ständig wiederholt wird. Maischberger versucht, den roten Faden zu wahren – ein aussichtsloses Unterfangen zwischen Angriff und Verteidigung.
Nach knapp einer Stunde wechselt das Thema abrupt: Musiker Wolfgang Niedecken kommt ins Studio. Maischberger nutzt seinen Vornamen – ein freundschaftlicher, fast intimer Moment, aber zugleich eine Pause nach so viel politischer Erbitterung.
