
Abzug der Truppen Assads
Syrische Rebellen sollen die Vororte von Damaskus erreicht haben
7. Dezember 2024, 14:16 Uhr
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Für den syrischen Machthaber Assad sieht es schlecht aus. Die Islamisten rücken stetig auf die Hauptstadt Damaskus vor und sollen begonnen haben, diese einzukreisen. Der Anführer der HTS-Miliz verspricht seinen Kämpfern bereits, dass sie es einnehmen werden: „Damaskus wartet auf Sie.“
Nach Angaben von Oppositionsaktivisten und einem Rebellenkommandanten haben Rebellen in Syrien Vororte der Hauptstadt Damaskus erreicht. Der Leiter der Beobachtungsstelle für Menschenrechte, Rami Abdurrahman, sagte am Samstag, dass die Aufständischen in den Vororten Maadamijah, Jaramana und Daraja aktiv seien. Auch Oppositionskämpfer marschierten von Ostsyrien in Richtung des Vorortes Harasta.
Ein aufständischer Kommandeur, Hassan Abdul-Ghani, sagte auf der Telegram-Plattform, dass die Oppositionskräfte mit der Einkreisung von Damaskus die letzte Phase ihrer Offensive begonnen hätten. Sie befanden sich derzeit auf dem Weg von Südsyrien in Richtung Damaskus.
Laut Hassan Abdel Ghani, einem Militärchef der islamistischen Allianz, begannen auch regierungsfeindliche Kämpfer, Damaskus einzukreisen. Die Aktivisten hatten zuvor berichtet, dass sich die Kämpfer weniger als 20 Kilometer vom Südeingang entfernt befanden. Nach Angaben der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte haben die Islamisten inzwischen die Kontrolle über die gesamte Provinz Daraa übernommen. An manchen Orten ist ihre Nordgrenze nur 20 Kilometer von Damaskus entfernt.
Der Anführer der islamistischen Kämpfer der Miliz Hajat Tahrir al-Sham (HTS) versprach seinen Kämpfern unterdessen, die Hauptstadt einzunehmen. „Damaskus wartet auf Sie“, sagte HTS-Führer Ahmed al-Sharaa in einer per Telegram verbreiteten Nachricht an die Aufständischen. Ahmed al-Sharaa ist auch unter seinem Kampfnamen Abu Mohammed al-Jolani bekannt.
Die HTS-Kämpfer und verbündete Verbände starteten vergangene Woche überraschend eine Großoffensive gegen die Armee des syrischen Machthabers Baschar al-Assad. Innerhalb kurzer Zeit übernahmen diese Kämpfer die Kontrolle über weite Teile des Landes, darunter auch die Großstädte Aleppo und Hama im Nordwesten. Am Freitag sollen die Islamisten die Ausläufer der strategisch wichtigen Stadt Homs erreicht haben.
Der Gegenangriff verlief im Sande
Besonders symbolisch ist die Eroberung der Provinz Daraa: Die gleichnamige Stadt war Ausgangspunkt des Aufstands gegen Assad, der 2011 schließlich den syrischen Bürgerkrieg auslöste. Rebellenkreisen zufolge einigten sich die Gegner auf einen geordneten Abzug der Militär aus der Stadt. Eine Vereinbarung soll Armeeangehörigen eine sichere Durchreise in die etwa 100 Kilometer nördlich gelegene Hauptstadt Damaskus ermöglichen. Daraa hat rund eine Million Einwohner und die gleichnamige Provinz grenzt an Jordanien.
In der Nacht versuchte die syrische Armee, die Blitzoffensive der Rebellen mit intensiven Luftangriffen zu stoppen. Militärkreise berichteten heute Morgen zunächst, dass die Kämpfe daraufhin nachgelassen hätten. Innerhalb kürzester Zeit wurden jedoch neue Meldungen aus den Reihen der Aufständischen über die Einnahme weiterer Städte öffentlich.
Israel verstärkt Grenzgebiet
Dazu gehörte auch die Stadt Quneitra, die nahe der Grenze zu Israel auf dem syrischen Teil der Golanhöhen im Südwesten des Landes liegt. Ein syrischer Offizier gab gegenüber Reuters zu, dass seine Soldaten abgezogen worden seien. Das israelische Militär sagte, es habe zuvor seine Streitkräfte auf den von Israel besetzten Golanhöhen verstärkt, um „die Verteidigungsanlagen in dem Gebiet auszubauen und die Streitkräfte auf verschiedene Szenarien vorzubereiten“. Die Golanhöhen liegen im Grenzgebiet zwischen Libanon, Israel und Syrien.
Vor Daraa hatten Assads Soldaten innerhalb einer Woche bereits die Kontrolle über andere Großstädte verloren: Aleppo im Norden, Hama in Zentralsyrien und die Regionalhauptstadt Deir es-Zor im Osten. Dort sollen Rebellen auch den wichtigsten Grenzübergang zum Irak übernommen und damit faktisch die Kontrolle über die weite Wüste im Osten des Landes übernommen haben. Als wir den Stadtrand von Homs erreichen, zittert auch die wichtigste Stadt Zentralsyriens und ein wichtiger Verkehrsknotenpunkt für die Verbindung zur Hauptstadt und zur Küste. Assads Familie soll bereits nach Russland geflohen sein.
Die staatliche syrische Nachrichtenagentur dementierte unterdessen Gerüchte, Präsident Baschar al-Assad habe das Land verlassen. Der Präsident arbeitete in Damaskus, heißt es in dem Bericht. Zuvor waren die syrischen Streitkräfte am Samstag aus weiten Teilen des Südens abgezogen. Dies ermöglichte es Oppositionskämpfern, die Kontrolle über weitere Gebiete zu übernehmen, darunter zwei Provinzhauptstädte.