Die Bundesregierung will bald regelmäßige Abschiebeflüge nach Afghanistan starten – trotz Taliban-Herrschaft. Dadurch trifft sie auch auf Menschen, die sich hier bereits gut integriert haben.
Erst letzte Woche hatte Mohammad einen Plan für sein Leben. Er wollte Maler werden und absolviert seit zwei Monaten eine Ausbildung in der Nähe von Stuttgart. Nun steht er vor dem Nichts: Sein Asylantrag aus dem Jahr 2022 wurde abgelehnt. Der Brief des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge war ein Schock.
Mehr als ein Job
Mit ausdruckslosem Gesicht und nur wenigen Worten streicht er auf einer Baustelle seines Malerbetriebes eine frisch verputzte Wand. „Mir geht es scheiße“, sagt der 24-Jährige tagesschau.de. „Ich habe nur noch vier Wochen Zeit, Deutschland zu verlassen.“ Aus Angst, dass sein Gespräch mit dem tägliche Nachrichten Sollte er dadurch Ärger mit den Behörden bekommen, möchte er seinen Nachnamen nicht öffentlich machen.
Mohammad zufolge floh er 2018 aus Afghanistan, bedroht von den Taliban, die auch seinen Vater ermordeten. Vor drei Jahren kam er über Griechenland nach Deutschland. Nach mehreren Praktika fand er im Malerbetrieb mehr als nur einen Job. Das Team hat ihn aufgenommen und hilft ihm auch bei privaten Problemen.
Die Herrschaft der Taliban
Die Nachricht von der Abschiebung traf besonders den Maler Kamal Jolo, der sich intensiv um Mohammed kümmert: „Wenn du ihm sagst, tu das bitte, dann wird er genau das tun“, sagt Jolo. Im Gegensatz zu den vorherigen Auszubildenden ist Mohammad stets pünktlich, neugierig und hat Spaß an der Arbeit. „Er ist hochintelligent und lernt gut. Es wäre eine Schande, wenn Mohammad zurückkehren müsste.“
Zurück in ein Land, in dem die Taliban herrschen. Vor vier Jahren übernahmen die radikalen Islamisten erneut die Macht in Afghanistan. Seitdem unterdrücken sie Andersgläubige, schränken die Rechte von Frauen ein, schränken den Internetzugang massiv ein und rächen sich an vielen, die mit der Vorgängerregierung zusammengearbeitet haben.
Amnesty International warnt vor Abschiebungen
Deshalb macht sich Mohammad Sorgen auf der Baustelle bei Stuttgart. „Ich habe Angst um mein Leben“, sagt er tagesschau.de. Doch das Bundesamt für Migration sieht keine Gründe, warum der Afghane in Deutschland Asyl erhalten sollte. Nur weil sein Vater ermordet wurde, heißt das nicht, dass Mohammad das gleiche Schicksal droht.
Mohammads Fall ist Teil eines größeren Trends: Seit Jahresbeginn lehnt das Bundesamt für Migration immer mehr Asylanträge von Afghanen ab. Offenbar im Einklang mit der deutschen Bundesregierung, die sich zum Ziel gesetzt hat, mehr Menschen mit afghanischen und syrischen Pässen abzuschieben. Menschenrechtler sehen das kritisch.
Bundesregierung verhandelt mit Taliban
„Menschen, die aus Deutschland nach Afghanistan abgeschoben werden, sind in Afghanistan von Folter und Ausgrenzung bedroht“, sagt Christian Mihr von Amnesty International in einem Interview. „Wenn Menschen nach Afghanistan ausgeliefert werden, werden sie in die Hände der Taliban, in die Hände von Folterern, ausgeliefert.“
Doch die Bundesregierung verhandelt bereits mit den Taliban über Abschiebungen, obwohl sie die afghanische Regierung nicht anerkennt. Im Sommer wurden erstmals afghanische Kriminelle in ihre Heimat abgeschoben. Aber jetzt sollten auch diejenigen nachziehen, die nichts falsch gemacht haben. Eine Delegation des Innenministeriums besuchte kürzlich die afghanische Hauptstadt Kabul, um Einzelheiten zu sondieren.
Es herrscht ein Mangel an Arbeitskräften
Auf Anfrage erklärt das Innenministerium: „Die Bundesregierung arbeitet intensiv daran, den Ländern in Umsetzung des Koalitionsvertrags die Durchführung weiterer Rückführungen nach Afghanistan zu ermöglichen. Weitere Rückführungen werden erfolgen, sobald die Voraussetzungen dafür geschaffen sind.“
Für Mohammad und das Unternehmen des Malermeisters Michael Bräuninger bedeutet das Unsicherheit. „Wenn jemand schon hier arbeitet, warum kann man ihm dann nicht die Chance geben, hier zu bleiben? Solche Leute brauchen wir“, erklärt Michael Bräuninger. Ohne Migranten könnte er sein Geschäft sofort schließen. „Wir haben generell viel zu wenig Fachkräfte. Offenbar fehlen derzeit 250.000 Arbeitskräfte im Handwerk.“
Mohammad hat immer noch Hoffnung
Mohammad hofft weiterhin auf einen geduldeten Aufenthalt und darauf, zumindest für die Dauer seiner Ausbildung in Deutschland bleiben zu können. Doch die Uhr tickt: Nur noch drei Wochen sind es, bis er das Land verlassen muss. „Ich versuche alles, um hier bleiben zu können“, sagt er. „Ich möchte hier eine Ausbildung machen und weiter arbeiten, mein eigenes Geld verdienen und meine Familie ernähren.“
Bald könnten die ersten regulären Abschiebeflüge nach Afghanistan starten – Mohammad könnte einer der ersten Passagiere sein.
