Die deutsche Automobilzulieferindustrie steckt in der Krise. Die Folge ist ein massiver Stellenabbau. Experten befürchten sogar eine neue Pleitewelle.
Berlin – Für die deutsche Automobilzulieferindustrie läuft es nicht gut. Fast zwei Drittel der mittelständischen Unternehmen planen den Aufbau neuer Arbeitsplätze. Das ergab eine Umfrage des Automobilverbandes VDA. Demnach wollen derzeit 61 Prozent der Befragten die Zahl der Mitarbeiter reduzieren. Im Mai lag die Zahl bei 57 Prozent. „Die anhaltende wirtschaftliche Stagnation in Deutschland und die weiterhin schwache Entwicklung des Automobilmarktes in Europa wirken sich zunehmend auf den Mittelstand der deutschen Automobilindustrie aus“, sagte VDA-Präsidentin Hildegard Müller.
Der Stellenabbau bei Automobilzulieferern geht weiter
Die Liste der Zulieferunternehmen in der Krise ist lang. Bei Webasto beispielsweise werden in Deutschland fast 1.000 von 3.700 Stellen in zwei Schritten abgebaut, und im Ausland gibt es viel Lärm Reuters Hinzu kommt ein Stellenabbau in ähnlicher Größenordnung. Webasto beschäftigt weltweit mehr als 15.000 Mitarbeiter. Der Stellenabbau solle rund 60 Prozent zu den Einsparungen von 150 Millionen Euro beitragen, die dem Unternehmen wieder in die Gewinnzone verhelfen dürften, hieß es.
Bei anderen Unternehmen zeigt sich ein ähnliches Bild. Bosch kündigte drastische Personalkürzungen an. Bei ZF Friedrichshafen ist eine Auslieferung bis Ende 2028 geplant dpa Bis zu 14.000 Arbeitsplätze werden hierzulande verloren gehen. 5.700 wurden seit Anfang 2024 bereits gestrichen. Auch die Gewerkschaften schlagen Alarm. Einer Umfrage der IG Metall unter Betriebsräten zufolge werden allein drei Viertel der Unternehmen in Bayern innerhalb eines Jahres einen Rückgang ihrer Beschäftigtenzahl verzeichnen. „Die Abwanderung und der Stellenabbau in der Automobilzulieferindustrie drohen dramatische Ausmaße anzunehmen“, sagte Bezirksleiter Horst Ott dpa.
Automobilzulieferer besonders vom Stellenabbau betroffen
Laut einer Liste der Unternehmensberatung EY seien in der Automobilindustrie bundesweit 51.000 Arbeitsplätze verloren gegangen, berichtete die Zeitung Wirtschaftswoche. Das sind fast sieben Prozent der Arbeitsplätze in der Branche insgesamt. Keine andere Branche ist so stark vom Stellenabbau betroffen.
Experten warnen, dass diese Entwicklung auch zu einer steigenden Zahl von Insolvenzen führt. Der Autoschloss-Spezialist Kiekert befindet sich derzeit in einem vorläufigen Insolvenzverfahren. Kiekert gilt als Weltmarktführer für Fahrzeugschließsysteme. Das Schließsystem-Design für jedes dritte Auto weltweit stammt von Kiekert dpa. Auch der Zulieferer Voit meldete Insolvenz an. Das Werk mit Sitz in St. Ingbert soll voraussichtlich am 30. September 2026 schließen und die Produktion endgültig eingestellt werden, heißt es im Online-Portal Die Rheinpfalz.
Die Zahl der Insolvenzen bei Automobilzulieferern nimmt zu
Die Zahl der Insolvenzen ist im Laufe der Jahre 2023 bis 2024 stark angestiegen Wiwo um 70 Prozent, und diese Entwicklung setzt sich fort. Allein in diesem Jahr zählte die Unternehmensberatung Falkensteg 41 Insolvenzen großer Zulieferunternehmen mit einem Umsatz von mehr als 10 Millionen Euro, berichtete die Wirtschaftszeitung. Dem Bericht zufolge rechnen Experten für das Gesamtjahr mit 20 Prozent mehr Großinsolvenzen als im Jahr 2024. Von einer Marktbereinigung ist die Rede, „wie es sie seit Jahrzehnten nicht gegeben hat“. (Mit Agenturen)
